Seine stahlblauen Augen funkeln so hell und klar wie die eines Mannes in den besten Jahren. Obwohl Willi Grimm gerade seinen 90. Geburtstag feiert, hat er – assistiert von seiner Enkelin – nimmermüde den Aufbau seiner Einzelausstellung im Spitäle der Vereinigung Kunstschaffender Unterfrankens (VKU) verfolgt.
Der Würzburger hat sich in vielen Jahrzehnten einen überregionalen Namen als Bildhauer gemacht, der aus Holz, Stahl, Eisen und anderes kompakte, archaisch kraftvolle Skulpturen, aber auch scheinbar Schwereloses formt.
Geboren 1927 in Würzburg, wohnhaft in Kleinrinderfeld, hat Willi Grimm zunächst eine Steinmetz-, dann eine Bildhauerlehre an der Kunst- und Handwerkerschule Würzburg absolviert, um sich anschließend als Bildhauergeselle bei verschiedenen Meistern zu verdingen, darunter Julius Bausenwein, der ihm wichtiger Mentor war. Nach der Meisterprüfung eröffnete Grimm in einem Heidingsfelder Schuppen eine eigene Werkstatt und erarbeitete sich bei Wettbewerben und Ausstellungen allmählich einen hervorragenden Ruf als Künstler – für einen ausgebildeten Handwerker kein leichtes Unterfangen.
Brandneue Skulpturen
In den folgenden Jahrzehnten hat Willi Grimm das Würzburger Stadtbild bedeutend mitgeprägt: Die Kopie des Pippin etwa, die auf der Alten Mainbrücke in den Himmel ragt, schuf er in den 60er Jahren zusammen mit seinem Kollegen Ernst Singer. Er stattete etliche Kirchen im Würzburger Umland aus, und auch die Brunnenanlage am Philosophiegebäude am Hubland geht auf ihn zurück. Dutzende seiner Skulpturen zu christlichen Themen zieren seit 2011 Garten und Innenräume des Münnerstädter Klosters Bildhausen.
An Grimms religiöses Schaffen erinnert im Spitäle nur seine „Pieta“ aus verwittertem Stahl, die er prominent im Eingangsbereich platziert hat und die – wie viele der gezeigten, teils brandneuen Skulpturen, Plastiken und Bilder – schon die Abstraktion erreicht hat. „Nichts nachzumachen, aber mit der Zeit zu gehen“, war ihm immer wichtig.
Die Lust an der reinen Form
Bis in die 90er Jahre hinein habe er viele sozialkritische Arbeiten gemacht, die auch seine Kriegserfahrungen miteinbezogen. Etwa die zwei großen Plastiken in der Apsis: Der „Gefangene“, ein mit Stahlstreben fixierter Eichenstamm, weist – lang auf dem Boden ausgestreckt – direkt auf das „Tagebuch eines Gefangenen“: Drei Glasröhren mit Bleikappen lehnen senkrecht an der Wand, in ihren gläsernen Bäuchen ein Gedicht des KZ-Insassen Viktor Reimann, der die Haft trotz seiner christlichen Standhaftigkeit überlebt hat.
Immer mehr trat bei Grimm die Lust an der reinen Form in den Vordergrund, Figürliches wurde unwichtiger: Auf der Empore hat der Künstler einen luftigen Skulpturenwald angelegt, der kleine, formreduzierte Plastiken aus Bronze oder braunrotem Eisenguss auf Sockeln aus Fichtenholz präsentiert. Die Sockel sind unterschiedlich hoch, was den „Wald“ nahezu tänzeln lässt. Mit geballter Wucht halten da zwei rote Acrylbilder dagegen, zwei mächtige, abstrakte Faustschläge, die (wie die beiden blaugrünen „Delta“-Bilder im Erdgeschoss) vage Architektonisches erahnen lassen.
Formal ausgewogen und unnachahmlich elegant sind seine „Biegungen II“, aus drei langen Stahlrechtecken manuell zum Würfel gebogen. Ein Kraftakt, zu dem Willi Grimm zwar heute nicht mehr imstande wäre, wie er sagt. Doch er arbeitet weiter, unermüdlich. Die Ausstellung läuft bis Sonntag, 27. August.