Knapp 10 000 Studenten hielten es nicht mehr aus. In ihrer Not wandten sie sich an die Psychotherapeutische Beratungsstelle des Studentenwerks – in den vergangenen 40 Jahren. Den runden Geburtstag dieser Hilfseinrichtung schräg über der Mensa am Exerzierplatz feierten Studentenwerks-Geschäftsführer Michael Ullrich und Therapiestellen-Leiter Dr. Stefan Oschmann, indem sie mit einem Glas Apfelsaft anstießen und Bilanz zogen.
1976 bat eine studentische Selbsthilfegruppe das Studentenwerk, es möge doch ihre Psycho-Beratung unterstützen. Einige wenige Gruppen dieser Art gab es damals bereits in Deutschland unter Regie der Wohnheim- und Mensenbetreiber. Das Würzburger Studentenwerk betreute im ersten Jahr 120 Klienten. Im vergangenen Jahr waren es 735, bei 482 Erstanmeldungen.
Fünf Therapeuten kümmern sich in Teilzeit um die seelischen Belastungen der angehenden Bachelor und Master. Lernprobleme und Prüfungsängste, so Oschmann, bilden den Schwerpunkt ihrer Arbeit. Die soll erklärtermaßen Studienabbrüche und überlange Hochschulaufenthalte vermindern und effektives Studieren fördern. 224.000 Euro ist das dem Studentenwerk jährlich wert, das seit den 1990er Jahren allein für die Beratung aufkommt. Anfangs hatte sich der Freistaat noch recht großzügig gezeigt.
„Relativ teuer, aber wichtig“ nennt Ullrich die Hilfestellung. Auf Platz zwei der Problemfelder rangieren nämlich Depressionen und Suizidgedanken. „Eine in Deutschland einmalige Suizidprävention“ habe das Studentenwerk eingerichtet, sagt Stefan Oschmann. Die Hausmeister der Wohnheime, Tutoren, auch Professoren wurden darin geschult, Alarmzeichen der Lebensmüdigkeit zu erkennen. Ja, Schulungen wurden auch Institutssekretärinnen angeboten, die oft einen unverzerrten, unmittelbaren Kontakt zu den Jungakademikern haben.
Eine solche Fürsorge der großen Hochschule gegenüber ihren jüngsten Angehörigen könnte nun als Überwachung ausgelegt werden. Oschmann und Ullrich stellen aber die Unabhängigkeit der Beratungsstelle von der Uni fest. Die sei unabdinglich, um Vertrauen zu schaffen. Und: Je früher eine Depressionstherapie beginnt, desto bessere Heilungschancen bestehen. Sucht und massive Essstörungen kann Stefan Oschmanns Team allerdings „ambulant nicht behandeln. Da verweisen wir auf Kliniken. Man muss seine eigenen Grenzen kennen.“
Vorteil im eigenen Hause: Wenn es sinnvoll ist, versuchen die Therapeuten die Eltern ihrer Klienten einzubeziehen: „Wir reden nicht nur über sie, sondern auch mit ihnen.“ Es kommt nicht allein darauf an, dass das Studieren wieder effektiv wird. Auch die fünf Psychologen müssen effizient arbeiten. Sie haben zum Glück die Erfahrung gemacht, dass Gesprächssitzungen sich nicht endlos in die Länge ziehen müssen. Ein gutes Dutzend Treffen genügt im Schnitt: „Oft platzt“, sagt Oschmann, „schon nach zwei, drei Stunden ein Knoten.“
Kummer macht den jungen Menschen, die erstmals von zuhause weg leben, oft das Alleinsein. „Das muss nicht gleich auf die Couch führen“, bemerkt der Studentenwerksleiter Ullrich, wohl wissend, dass die Therapiegespräche in aufrechter Sitzhaltung ablaufen: „Gegen Vereinsamung helfen auch Kulturveranstaltungen.“ Die fördert sein Haus zwei Stockwerke tiefer mit dem studentisch organisierten Kulturclub „Kellerperle“. Integriertes Konzept nennt man das.
Der Dachverband der Studentenwerke schätzt, dass ein Viertel aller Studierenden mindestens einmal psychologische Unterstützung benötigt und davon immerhin die Hälfte eine solche Anlaufstelle auch tatsächlich aufsucht. Nach 40 Jahren Würzburg findet Michael Ullrich es an der Zeit, auch an der Fachhochschul-Standorten Schweinfurt und Aschaffenburg eine solche Handreichung einzurichten. Daran allerdings, seufzt er, „müssten sich Freistaat und die Hochschulen finanziell beteiligen“.
Hilfe für Studenten
Ein Team von Psychologen mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung und ein Arzt kümmern sich in der Psychotherapeutischen Beratungsstelle um Studierende, die in eine persönliche Krise geraten. Zum Angebot des Studentenwerks gehören Einzelberatung, Psychotherapie und Gruppentherapie. Zusätzlich bieten die Berater Seminare zu Stressbewältigung, Lern- und Arbeitstechniken, Prüfungsangst und mehr. Anmeldung zum Erstgespräch unter Tel. (0931) 8005-101 oder pbs@studentenwerk-wuerzburg.de