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Würzburg: Würzburger Ukraine-Tagebuch: Ein sonniger Ausflug nach Norddeutschland und der bange Blick nach Charkiw

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Würzburger Ukraine-Tagebuch: Ein sonniger Ausflug nach Norddeutschland und der bange Blick nach Charkiw

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    Claudia Görde (2. v. r.) und ihr Mann Matthias (mit Tochter Fanny und Hund Ava) haben Valentyna Stepanenko  (68) und Tochter Mascha Stepanenko (46), die aus der Ukraine geflüchtet sind, bei sich am Heuchelhof in Würzburg aufgenommen.
    Claudia Görde (2. v. r.) und ihr Mann Matthias (mit Tochter Fanny und Hund Ava) haben Valentyna Stepanenko (68) und Tochter Mascha Stepanenko (46), die aus der Ukraine geflüchtet sind, bei sich am Heuchelhof in Würzburg aufgenommen. Foto: Thomas Obermeier

    Die Osterwoche liegt hinter uns und damit auch viele Erlebnisse, die von allen Seiten verarbeitet werden müssen. Neben der traditionellen Ostereiersuche, Osterfeuer, Osterspaziergang haben wir mit unseren Damen Lüneburg besucht und erlebt, wie sich die Situation zuhause in Charkiw immer mehr zuspitzt.

    Gründonnerstag reisen wir nach Seedorf. Ein Dorf mitten in der Lüneburger Heide. Dort wohnen meine Eltern im restaurierten Hof meines Stiefvaters. Was für uns wie eine Homestory aus "Schöner Wohnen" wirkt, ruft bei Masha und Valentyna große Entzückung hervor. Sie laufen durch das Haus und den Hof und gucken sich erstaunt um. Masha sagt sogar, dass das alles hier aussieht wie im Museum: die alten Möbel, die alten Ziegelböden, die Kachelöfen und das Fachwerk. Vale schlägt meiner Mutter lachend vor, dass sie Eintritt verlangen sollte.

    Mascha schnappt sich das Rad des Stiefvaters

    Sie genießen beide die Ruhe und die Natur. Masha schnappt sich das Rad meines Stiefvaters und radelt nach sechs Stunden Autofahrt los. Wir gehen viel spazieren und zeigen ihnen die – in unseren Augen – schönen niedersächsischen Höfe. Die beiden allerdings finden die neu gebauten Kastenhäuser mit modernen Gärten am Rande Lüneburgs viel schöner. Wahrscheinlich haben sie in Charkiw so viel alte Prachtbauten, dass sie unsere antiken Höfe überhaupt nicht umhauen.

    Aus der Heimat kommen derweilen nur Horrornachrichten: Die Straße am Rande von Charkiw, in der Vale wohnt, ist mittlerweile unpassierbar. Furchtbare Fotos und Reportagen im Fernsehen können wir alle nicht mehr ertragen. Die Barbarei dieses Krieges erreicht diese Woche ein neues Level, das sich keiner vorstellen konnte.

    Wir vermeiden dieses Thema, so gut es geht. Schließlich sind wir ja auch hier, um einen Tapetenwechsel zu erleben. Das gelingt mit Lüneburg sehr gut. Das Wetter ist spitze und wir bummeln durch die Stadt, machen viele Fotos und trinken Spritz in der Sonne. Abends findet auf dem Dorfplatz das Osterfeuer statt.

    Die Ostereier-Suche ist neu für die Frauen aus Charkiw

    Masha kommt erst später dazu. Sie ist wieder mit dem Rad unterwegs gewesen. Ihr Freiheitsdrang wird immer größer und sie nabelt sich oft von uns ab. Ist ja auch normal, nach so vielen Wochen auf engstem Raum. Gut, dass sie beide bald ihr eigenes Reich haben.

    Der Ostersonntag ist ein einziges Highlight. Eiersuche ist für beide neu und wir lachen uns im riesen Garten kaputt, wie sie sich freuen, als sie "ihre" Osternester entdecken. Vale führt ein kleines Tänzchen auf und klatscht begeistert in die Hände. Natürlich gibt's Lammkeule und einen Besuch im Streichelzoo, damit auch das Kind seinen Spaß hat.

    Meine Eltern geben den beiden noch etwas Geld, ein ausrangiertes Service und einen Fernseher mit, damit das Leben in ihrer neuen Wohnung gut starten kann. Der Abschied ist sehr herzlich und auch traurig. "Besucht uns in Charkiw!", ruft Masha noch aus dem Auto. Das wäre das größte Glück für alle, wenn das irgendwann wahr werden könnte.

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