Schlösser, Burgen, Kirchen, Altäre und so manche Skulpturen und Malereien in Privathäusern: Das sind die Arbeitsplätze eines Kirchenmalers und Restaurators Wolfgang Domes aus Frickenhausen ist so einer. Geht man durch den Ort an der Spitze des Maindreiecks, fallen schon an der Hauptstraße schön renovierte Häuser aus dem Spätmittelalter und der Barockzeit auf, hie und da mit Figuren aus der Heiligengeschichte.
Etwas weiter in den Ort hinein kommt man am Patrizierplatz zu einer Arbeitsstelle von Wolfgang Domes: ein altes Patrizierhaus aus dem Barock, von 1730. Große Statuen der Heiligen Familie stehen hier auf Sockeln über dem mächtigen Eingangstor, in herrliche Farben gefasst.
Figuren leuchten dem Betrachter in alten Farben entgegen
Domes hat sie vor zwei Jahren restauriert. Natürlich in den zur Epoche passenden Originalfarben, in diesem Fall Ölfarben. Heute sehen die Figuren aus, als wären sie gestern erst entstanden und leuchten dem Betrachter in ihrer strahlend farbigen Pracht in dem kleinen Hof entgegen.

Der Kirchenmalermeister stellt die Farben selbst, nach uralten Rezepten her, da moderne Farben nicht passen würden. Die Farben werden aus Pigmenten mit verschiedenen Bindemitteln angerührt, wie Eigelb, Quark, Kasein und Kalk. Solche Aufträge liebt Wolfgang Domes, das ist sein eigentliches Handwerk, das er bis zum Meister gelernt hat.
Verdrehte Proportionen beim Auftrag im Ulmer Münster
Betritt man eine alte Kirche, fällt dem Betrachter eigentlich sofort alles ins Auge, was die Arbeit des Kirchenmalers ausmacht: die Bilder, die marmorierten Altäre, das maserierte Holz, vergoldete Elemente. Manchmal befindet sich der Arbeitsplatz von Domes auch hoch oben. So bei einem Auftrag im Ulmer Münster, wo er auch die Decke restaurierte.

Dabei muss man nicht die Vorstellung haben, dass der Maler auf einem Gerüst liegt und malt. Vielmehr läuft er mit großen Pinseln auf dem Gerüst hin und her, wie Domes erzählt. Um bei 45 Metern Höhe die Proportionen zu wahren. Da ist der Unterarm eines Heiligen schon mal einen Meter lang. Man kennt das von Statuen, die den Weg von einer Kirche ganz oben am Dach in eine Ausstellung finden, wo plötzlich der Kopf viel zu groß erscheint.
Neuer Arbeitsplatz: Bahnhof Kitzingen statt Gotteshaus
Aber nicht nur hier wird der Kirchenmaler und Restaurator gefordert. Auch bei Bau- und Befunduntersuchungen, bei Schadens- und Bestandsanalysen wird er tätig. So hat er auch in Marktbreit das barocke Haus zur Groe analysiert, welches erst kürzlich beim Kunstfestival Artbreit einen phänomenalen Ort für Ausstellungen gegeben hat.

Dieses sich Rein-Fühlen, dieser jeweilige Ausflug in die Kunstgeschichte, das reizt Domes. Ein recht prominenter Arbeitsplatz ist auch der Bahnhof Kitzingen, der umgestaltet werden soll. Hier muss man wissen, was ursprünglich aus der Entstehungszeit ist, was zu welcher Zeit verändert wurde. Verschiedene Bauphasen seit 1860 wurden aufgedeckt und helfen bei der Restaurierung.
Faszination, die von alten Gemäuern ausgeht
Und immer wieder spürt Wolfgang Domes die Faszination, die von alten Gemäuern ausgeht. Wie eine Kriminalgeschichte sei es, wenn man in ein Haus kommt, das vielleicht 50 Jahre lang nicht bewohnt war, aber sein Innerstes seit Jahrhunderten bewahrt hat. Akribische Spurensuche, zum Teil auch im Leben der früheren Bewohner. Von Anfang an hat ihn dieser Beruf fasziniert, seit er in der Pubertät keine Lust mehr auf Schule hatte.

Schon immer habe er "gemacht, getan, gestaltet, getüftelt", bis er in Bamberg zu einem Kirchenmaler in die Werkstatt gegangen ist und nach einem Praktikum gefragt hat. Er ist dort geblieben, bis es für ihn in der Firma nach drei Lehrjahren keine Weiterentwicklung mehr gab. Derweil bot Bamberg mit seinen Kunstschätzen ein Eldorado für einen Kirchenmaler. Hauptsächlich war er damals in der Karmelitenkirche und auch in der Oberen Pfarre, einer prächtigen Barockkirche beschäftigt, die auch noch über die Kostbarkeit eines Sakramentshauses aus der Gotik verfügt.
Mit dem Joseph unterm Arm durch Bamberg gelaufen
Und hier trug sich auch eine Geschichte zu, die sich so heutzutage nicht mehr abspielen würde: Eines Tages Ende der 1970er-Jahre bat der Meister seinen Lehrjungen darum, den Joseph aus der Oberen Pfarre zu holen, er müsse restauriert werden. Wolfgang Domes ging in die Kirche, holte die Figur des Joseph vom Altar, trug sie durch das Kirchenschiff und durch die Stadt bis in die Werkstatt des Meisters, ohne irgendwie belangt zu werden. Heute hätten da sicherlich etliche Alarmanlagen geschrillt oder Passanten reagiert.

Domes kam später nach Fulda, wo er im Dom Putzsicherungen vornahm. Hier hat er auch vor dem Altar seine Frau kennen gelernt, heute eine Vergolder-Fassmalermeisterin. Sie leitete zu der Zeit im Dom die Vergoldungsarbeiten. Domes’ Ausbildung zum Meister erfolgte in der Kirchenmalerschule in München, die einzige in der ganzen Welt.
Alle zwei Jahre gibt es in München einen Meisterkurs – leider mit immer weniger Anwärtern. Der Beruf zählt seit 2016 sogar zum immateriellen Weltkulturerbe, findet aber immer weniger Zuspruch. Heute wählt man eher den Weg des Restaurators. Auch Wolfgang Domes machte aufbauend diese Ausbildung. 1989 fing er in Sommerhausen an. "Ganz neu, ganz jung, ganz frisch, hochmotiviert", wie er sagt, und restaurierte die Zehntscheune in Eibelstadt. Seit 1990 hat er seinen eigenen Betrieb, heute in Frickenhausen im eigenen Haus mit Garten im alten Ortskern.

Der Beruf habe sich in den letzten Jahrzehnten verändert, sagt er. Heute arbeitet er mehr als Restaurator, bekommt viele Aufträge aus Baden-Württemberg, ist viel in Privathäusern in Heilbronn, Bad Wimpfen, Bad Rappenau, restauriert alte Gemälde, ganze Häuser mit alten Techniken. Für die Renovierung des Gasthofs zur Krone in Bonfeld hat er den Denkmalschutzpreis der Württemberger Hypo im Jahr 2003 bekommen.
Braune Schilder an der Autobahn führen zu Domes' Denkmälern
Und wenn sich die Eigentümerin ein Schild im selben Grün wie der Buchsbaum vor der Tür vorstellt – für Wolfgang Domes kein Problem, er mischt den Farbton einfach an. Momentan arbeitet er im Schloss Brenz von 1531, welches durch einen großen Wasserschaden Schaden nahm. Überhaupt war er schon in vielen Schlössern tätig, aber auch in der VIP-Lounge von Bayern München im unter Denkmalschutz stehenden Olympia-Stadion von 1972.
Und wenn man die A7 hinunterfährt gen Süden, kommt man an vielen hellbraunen Schildern vorbei, die auf verschiedene kunstgeschichtliche Denkmäler hinweisen. Wolfgang Domes, ein wahrer Meister seines Faches, kennt sie alle und hat in ihnen gearbeitet – bis hin zum Ulmer Münster.