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Bad Neustadt: Wort zum Wochenende: Welche Geschichten wir erzählen und die Spuren, die Gott bei uns hinterlassen hat

Bad Neustadt

Wort zum Wochenende: Welche Geschichten wir erzählen und die Spuren, die Gott bei uns hinterlassen hat

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    Gerhild Ehrmann, Pfarrerin in Bad Neustadt.
    Gerhild Ehrmann, Pfarrerin in Bad Neustadt. Foto: Karin Nerche-Wolf

    Liebe Leserin, lieber Leser,

    am kommenden Sonntag feiern wir in unserer Gemeinde das Konfirmationsjubiläum. Menschen, die vor 50, 60 oder mehr Jahren als Jugendliche ihren Glauben an Gott bekannt haben und gesegnet worden sind, kommen wieder, zusammen mit ihren Familien, um sich zu erinnern. Sie werden mit einer Urkunde geehrt und erneut gesegnet. Natürlich werden Lebensgeschichten erzählt und Erinnerungen ausgetauscht. Ich darf Leuten zuhören, die schon viel länger an diesem Ort leben und viel mehr wissen als ich. Fröhliche und schwere Erlebnisse werden geteilt, mit anderen Personen und – offen oder unausgesprochen – in Gottes Gegenwart.

    Mich beeindruckt das besondere „Langzeitgedächtnis“ derer, die da kommen. Sie machen sich bewusst, was ihr Leben in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten geprägt hat und was sie auch durch harte oder traurige Zeiten hindurchgetragen hat. Sie feiern nicht nur sich selbst, auch wenn man das niemandem verdenken könnte. Sie erinnern sich, welche Spuren Gott bei ihnen hinterlassen hat, und was andere ihnen geschenkt und hinterlassen haben.

    Sie erzählen ihre Lebensgeschichte nicht (nur) als eine Geschichte der Mühen, Kränkungen und Verluste, was man bei verbitterten Menschen erleben kann. Sie zeichnen eher eine Linie, die von Hilfe, Bewahrung und Begleitung erzählt. Manchmal, bei besonders schweren Lebensgeschichten, tun sie es mit dem Ton eines heilsamen Trotzes: „Ich bin noch da, trotz allem. Gott sei Dank!“ Oder mit einer stillen Erleichterung: „Ich bin froh, dass es noch so ist – trotz allem, was ich verloren habe; trotz allem, was falsch gelaufen ist.“

    Im Psalm 103 fordert ein Beter seine eigene Seele auf: „Lobe den Herrn, meine Seele, … und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ Also: Raffe dich auf und erinnere dich! Gib dich nicht nur den Gedanken hin, die sich ohnehin in deinem Kopf drehen. Suche, was dich getröstet, dir geholfen, dich weitergebracht hat – vielleicht gerade trotz allem, was dagegenspricht. Vielleicht leben wir alle von den Geschichten, die wir uns und anderen über uns selbst erzählen, und die so unsere Gegenwart ausmachen – ob sie „stimmen“ oder nicht. Ein rundes Jubiläum oder ein Geburtstag bietet einen äußeren Anlass, darüber nachzudenken. Darauf warten muss man aber nicht. Ein Tag dafür wäre heute!

    Die Autorin: Gerhild Ehrmann, Pfarrerin in Bad Neustadt

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