Es ist kalt und regnerisch, als der Kasseler Regierungspräsident Mark Weinmeister die Schäferei von Klaus Keidel in Gersfeld-Schachen besucht. Im Rahmen seiner Sommerreise will sich der mit den Nöten des ländlichen Raums gut vertraute Regierungspräsident auch ein Bild von der Schäferei der Rhön machen, so eine Mitteilung der Pressestelle des Biosphärenreservates Rhön. Mit dabei bei diesem Termin sind auch der hessische Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Vereins Natur- und Lebensraum Rhön, Sebastian Müller, und Bürgermeister Steffen Korell aus Gersfeld.
Zunächst steht das Projekt der RhönWollets im Fokus. Seit vier Jahren haben sich Rhöner Schafhalter zusammengeschlossen und lassen ihre Wolle zu Düngepellets verarbeiten. Warum aber verwendet man ein so hochwertiges Naturprodukt wie die Wolle als Dünger?
Janet Emig, Landwirtschaftliche Beraterin beim Landkreis Fulda und Projektinitiatorin, erläutert die Hintergründe, so die Mitteilung: „Wolle gilt in Europa als Schlachtabfall. Wollwäschereien und -kämmereien gibt es praktisch in Deutschland keine mehr. Hohe Kosten und Umweltstandards haben die Verarbeitung von Wolle unrentabel gemacht, sodass die Schäfer keine Verwertung mehr für die Wolle haben.“
Düngepellets als Vermarktungsoption für die Schäfer
Der Weg über die Düngepellets sei eine Option, um zumindest noch die Kosten für die Schafschur und den eigenen Aufwand zu decken. Unterstützt wird das Projekt von der Dachmarke Rhön und dem UNESCO-Biosphärenreservat. Nadja Besser, Projektmanagerin der Dachmarke, fördert die Vermarktung der Düngepellets, die ähnlich wie Hornspäne wirken, aber zusätzlich auch Feuchtigkeit im Boden speichern. Immerhin konnten inzwischen über 15 Tonnen Schafwolle in den Handel gebracht werden. Aktuell nehmen länderübergreifend neun Rhönschäfer am Projekt teil.
Mit Blick auf die Lammfleischvermarktung bedauert der Schäfer, der seit über 30 Jahren Rhönschafe züchtet, laut der Pressemitteilung den Ausstieg der Supermarktkette Tegut aus der Vermarktung des heimischen Lammfleisches. Ein zentrales Standbein ist hier für viele Schäfer die Direktvermarktung.
Nicht zuletzt stellt die Blauzungenkrankheit die hiesigen Schäfer vor Herausforderungen. Immer wieder verenden Schafe trotz aufwändiger Impfung. Unzufrieden zeigt sich Klaus Keidel mit dem Verhalten der Tierseuchenkasse, die laut seiner Darstellung nicht die tatsächlichen Kosten ersetze.
Auch der Wolf war ein Thema
Auch die aus Sicht der Schäfer zunehmenden Übergriffe durch den Wolf waren ein Thema bei der ansonsten entspannten Runde. In der Rhön gab es in den letzten Jahren mehrere Angriffe auf Schafe und Ziegen durch Wölfe. Hier bestand laut der Pressemitteuilung Einvernehmen, dass es möglich sein müsse, übergriffige Wölfe kurzfristig zu entnehmen. Der Abgeordnete Müller wies darauf hin, dass entsprechende Gesetzeskorrekturen in Hessen und Deutschland veranlasst wurden und auch der sogenannte gute Erhaltungszustand des Wolfes an die Europäische Union gemeldet werden kann.
Die Teilnehmer waren sich laut Mitteilung einig, dass die Entnahme sogenannter Problemwölfe aus ihrer Sicht wichtig sei, um auch künftig noch Schafe und Ziegen in der Fläche zu halten. Schafe und Ziegen seien für die Landschaftspflege und den Naturschutz auf den Bergwiesen der Rhön unverzichtbar. (oli)
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