„Fahrenheit 451“ ein schlechter Film? Die Frage von Christiane Müller ergab sich aus den Kritiken des Jahres 1966: „Zu wenig politisch; Kommt über gehobene Unterhaltung nicht hinaus!“ Müller zum Hintergrund: Die Romanvorlage aus 1953 von Ray Bradbury war ungemein politisch. Die Dystopie steht in der Warnung vor Totalitarismus gleichberechtigt neben „1984“ und „brave new world“. Trotz seiner Welterfolge (Sie küssten und sie schlugen ihn/Jules und Jim) hatte François Truffaut in Frankreich für die Romanverfilmung kein Geld einwerben können. Er musste ausweichen und drehte mit F451 seinen einzigen englischsprachigen Film.
Diese Vorgeschichte ließ eine schonungslose Abrechnung mit Staat und Medien erwarten. Und heraus kam ein weit vom Buch abweichender Autorenfilm um Truffauts Lieblingsthemen „Bücher und schöne Frauen“. Mit 60 Jahren Abstand kann man sich dem Werk auf mehreren Ebenen nähern. Als Regiewerk von Truffaut, über die Schauspieler mit Julie Christie (in einer spannenden Doppelrolle Clarisse/Linda Montag) und Oskar Werner als „Guy Montag“. Als Hinweis auf ein Stück Weltliteratur. Als Science-Fiction-Vision unserer Großeltern. Oder durchaus auch im Sinne der Romanvorlage politisch.
Die Warnung vor einer paternalistischen Gesellschaft, die die Menschen mit Unsinn füttert, um jede individuelle Neigung zu unterdrücken; Medien gleichschaltet; Bildung unterdrückt, Fakten „vereinfacht“. Alles mit dem Ziel durch Gleichheit Menschen glücklich zu machen. Oder wie der Roman definiert: “Das Ergebnis? Absolute Gleichförmigkeit. Niemand ragt heraus, niemand stört das allgemeine Bild. Jeder ist zufrieden, weil er von nichts mehr beunruhigt wird. Lass jeden gleich sein. Nicht frei – gleich! Dann gibt es keinen Streit, keine Unruhe, kein Nachdenken, das unglücklich macht. Das ist wahres Glück“. Ein Staat für den es zentral ist, Bücher als Sinnbild individueller Bildung zu verbieten/zu verbrennen, und die Familie zu dekonstruieren. So beantwortete ein Besucher des kalten Abends die Frage positiv: Ein sehenswerter Film; gar nicht unpolitisch. Ein Stück Kinogeschichte, das nach 60 Jahren noch zum Selberdenken anregt. Truffaut hätte seine Freude am Scheunenpublikum.

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