Das erfolgreiche Volksbegehren „Rettet die Bienen!“ stellt die Staatsregierung vor eine derart große politische Herausforderung, dass eine allseits anerkannte Vertrauensperson engagiert werden soll, um die streitenden Lager zu versöhnen: Der frühere Landtagspräsident Alois Glück soll die Leitung des Runden Tisches übernehmen. Der 79-jährige CSU-Politiker soll ausloten, ob es in der Debatte um den Artenschutz eine Lösung geben kann, hinter der am Schluss alle stehen – der Bayerische Bauernverband ebenso wie die Naturschützer. Glück bestätigte dieser Redaktion, dass er bereit ist, die Aufgabe zu übernehmen.
Mit welchem Trumpf die Initiatoren des Volksbegehrens in die Gespräche gehen, ist jetzt auch amtlich: Es ist das erfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte Bayerns. 1 745 383 Bürgerinnen und Bürger haben sich in den vergangenen beiden Wochen in die Unterschriftenlisten eingetragen. Das entspricht einem Anteil von 18,4 Prozent aller Stimmberechtigten.
ÖDP-Beauftragte ist überwältigt
„Wir haben fest mit dem Erfolg gerechnet und sind doch überwältigt“, sagte die Beauftragte des Volksbegehrens, Agnes Becker (ÖDP). Der Auftrag an die Politik sei eindeutig: „Der Artenschutz muss in Zukunft verbindlich geregelt werden, und zwar gemeinsam mit der Landwirtschaft.“
„Wir haben schon seit Wochen viel Zustimmung erfahren“, erzählt der stellvertretende ÖDP-Bezirksvorsitzende für Unterfranken, Wolfgang Winter. „Das Ergebnis zeigt, dass die Leute aufgewacht sind und sich nicht vom Widerstand des Bauernverbandes haben beirren lassen.“ Gleichzeitig wirft er der CSU vor, zu lange Lobbypolitik betrieben zu haben. „Ein solches Signal für Naturschutz und Artenvielfalt hätte schon vor zehn bis 20 Jahren kommen müssen.“
Auch der Würzburger Grünen-Landtagsabgeordnete Patrick Friedl spricht von einem Meilenstein. Mit Blick auf die anstehenden Gespräche sei aber Skepsis angebracht. Sollte die Staatsregierung versuchen, die Forderungen einfach wegzumoderieren, würden man dem „entschieden entgegentreten“. Der abgestimmte Gesetzestext sei die Messlatte, so Friedl.
Auch der Chef der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann, jubelte: „Eindreiviertel Millionen Stimmen für unsere Tiere und Pflanzen, das ist der größte Artenschutzchor, den Bayern je gehört hat.“ Damit sei nun klar: „Ein Weiter so im alten Trott wird es nicht geben. Wir werden zu einem neuen Miteinander kommen von Landwirtschaft und Naturschutz und ich bin optimistisch, dass mehr und mehr Bauern sich von den Scharfmachern beim Bauernverband abwenden.“
So optimistisch wie der Grünen-Fraktionschef sind allerdings nicht alle Unterstützer des Volksbegehrens. Gertraud Angerpointner zum Beispiel, die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), sagte auf Anfrage: „Meine Erwartung ist nicht ganz so hoch.“ Die Landwirtin ist zwar überzeugt, dass auch viele Bäuerinnen und Bauern hinter dem Volksbegehren stehen, sie glaubt aber nicht, dass es mit dem Bauernverband und der CSU am Tisch einfach werden wird. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das reibungslos geht in unserem Sinne“, sagte die Almbäuerin aus dem Berchtesgadener Land.
Der Bauernverband sieht sich in der Artenschutzdebatte an den Pranger gestellt und wehrt sich dagegen, die konventionelle Landwirtschaft zum Alleinschuldigen für das Artensterben zu machen. Er werde aber, wie es aus Kreisen der Staatsregierung heißt, Zugeständnisse machen müssen. Eine seiner Forderungen soll auf jeden Fall erfüllt werden, wenn es denn am Runden Tisch gelingt, ein Gesamtkonzept für den Artenschutz in Bayern zu entwerfen: Alle sollen mitmachen – allen voran der Staat selbst mit seinen großen Flächen, ebenso Städte und Gemeinden.
„Es kann nicht sein, dass eine Berufsgruppe von zwei Prozent allein verantwortlich gemacht wird“, sagt der stellvertretende Bezirkspräsident des Bauernverbandes, Alois Kraus. Anzuerkennen, dass Naturschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, wäre „richtig und ehrlich“. Er fordert deshalb, auch die Industrie und den Verkehrssektor in die Pflicht zu nehmen. Den Medien wirft er vor, einseitig und unkritisch berichtet zu haben. Dabei sagt er mit Blick auf das eindeutige Ergebnis: „Es wurde entschieden, jetzt müssen auch alle gemeinsam die Konsequenzen tragen.“
Votum in Unterfranken So haben die Bürger in der Region abgestimmt: Stadt Würzburg: 20,9 Prozent Stadt Aschaffenburg: 15,8 Prozent Stadt Schweinfurt: 13,8 Prozent Landkreis Aschaffenburg: 19,0 Prozent Landkreis Bad Kissingen: 15,7 Prozent Landkreis Rhön-Grabfeld: 16,2 Prozent Landkreis Haßberge: 15,7 Prozent Landkreis Kitzingen: 16,3 Prozent Landkreis Miltenberg: 19,1 Prozent Landkreis Main-Spessart: 14,6 Prozent Landkreis Schweinfurt: 18,1 Prozent Landkreis Würzburg: 20,5 Prozent