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Grombühl: Warum der Heuschnupfen uns immer früher quält

Grombühl

Warum der Heuschnupfen uns immer früher quält

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    Die ersten Haselpollen können schon Mitte November in der Luft liegen.
    Die ersten Haselpollen können schon Mitte November in der Luft liegen. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

    Eine juckende Nase im November, das ist für Allergiker heute nichts ungewöhnliches mehr: Laut dem aktuellen Pollenflugkalender der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst muss man mittlerweile schon ab Mitte November mit den ersten Haselpollen rechnen, Ende November können Erlenpollen dazu kommen. Zwischen 2000 und 2010 hatten Allergiker dagegen noch bis Mitte Dezember ihre Ruhe.

    Für den Pollenkalender wertet die Stiftung die Pollenbelastung aus, die 41 Messstellen deutschlandweit erfassen. Weil der Pollenflug von Jahr zu Jahr etwas schwankt, beruht der Kalender immer auf den Daten mehrerer Jahre. Der aktuelle Kalender stützt sich so auf die Pollenflugdaten aus den Jahren 2011 bis 2016.

    Vegetationsperioden der Pflanzen verlängern sich

    Betrachtet man die letzten drei Pollenkalender der Stiftung im Vergleich wir deutlich: Die Blühzeiten vieler Pflanzen haben sich verlängert, starten also früher im Jahr und enden später. In Norddeutschland ist das noch auffälliger als in Süddeutschland.

    "Das warme Wetter sorgt dafür, dass die Vegetationsperioden der Pflanzen sich ausdehnen", erklärt der Meteorologe Jürgen Schmidt vom Wetterdienst Wetterkontor. "Wenn der Winter wie in diesem Jahr mild war, treiben die Pflanzen früher aus." Der Dezember 2018 sei im Schnitt 2,8 Grad Celsius wärmer gewesen als normal, die letzten drei Monat insgesamt etwa zwei Grad wärmer. 

    Pollen gehen auf Reisen: vom Winde verweht

    Auch Dr. Matthias Scheich, Oberarzt und Leiter der Allergologie an der HNO-Klinik des Uniklinikums in Würzburg, beobachtet diese Verschiebung der Pollenflugzeiten. "Die Beschwerden gingen in diesem Jahr früh los", sagt er. Neben den milden Temperaturen könnten dafür auch Winde verantwortlich sein: Sie können Pollen mehrere 100 Kilometer weit tragen. "So kann es passieren, dass die Birken hier noch gar nicht blühen, aber ihre Pollen trotzdem schon Beschwerden verursachen." Wirklich beweisen lasse sich das aber nicht. 

    Dr. Matthias Scheich, Leiter der Allergologie an der HNO-Klinik der Uniklinik in Würzburg erklärt, was Olivenbäume auf der Café-Terasse mit roten Augen und juckenden Nasen zu tun haben.
    Dr. Matthias Scheich, Leiter der Allergologie an der HNO-Klinik der Uniklinik in Würzburg erklärt, was Olivenbäume auf der Café-Terasse mit roten Augen und juckenden Nasen zu tun haben. Foto: Daniel Peter

    Grundsätzlich leiden auch immer mehr Menschen an Allergien: "Wir gehen davon aus, dass etwa 30 Prozent der Deutschen irgendeine Art von Allergie haben", sagt Scheich. Etwa die Hälfte dieser Menschen sei von einer Pollenallergie betroffen. Es gebe viele Theorien darüber, warum Allergien so auf dem Vormarsch sind – endgültig beweisen könne man aber keine davon, sagt Scheich. "Unser Lebensstil und unsere Ernährungsgewohnheiten haben sich stark verändert, das könnte eine Rolle spielen", erklärt er. Mehr Allergien beobachte man zum Beispiel in den Städten: Da sei es ein paar Grad wärmer als auf dem Land und die Menschen würden durch zusätzliche Umwelteinflüsse belastet, etwa Feinstaub. 

    Neue Allergene verursachen Beschwerden

    In den letzten Jahren sind außerdem neue Allergene hinzugekommen, die Heuschnupfen verursachen können: Etwa das Traubenkraut, das aus Nordamerika nach Deutschland verschleppt wurde. "Das Traubenkraut fühlt sich hier sehr wohl und sorgt vermehrt für Allergien", sagt Scheich. Zwischen 2000 und 2010 dauerten Vor-, Haupt- und Nachblüte des Krauts von Mitte August bis Mitte September. Laut dem aktuellen Pollenkalender muss man mittlerweile aber damit rechnen, dass die Vorblüte schon Anfang Juli beginnt – und die Nachblüte bis Mitte Oktober dauert.

    Auch neu in Deutschland: die Olive. "Olive ist in den Mittelmeerländern ein ganz häufiges Pollenallergen, wird aber auch hier immer mehr", sagt Scheich. Wir kommt das? "Olivenbäume stehen neuerdings auf den Terrassen von Cafés oder werden verschenkt, weil sie nett aussehen." So hat sich die Pollenzeit also auch durch verschleppte und neu kultivierte Pflanzen verlängert und intensiviert.

    Keine Erholungsphase mehr für Allergiker?

    Schaut man den Pollenflugkalender an, dann ist Pollenzeit eigentlich das ganz Jahr. Brennnessel, Beifuß und Traubenkraut, die Allergene mit der spätesten Blühzeit, können noch bis Anfang/Mitte November vorkommen. Ab Mitte/Ende November sind dann die ersten Frühblüher unterwegs. "Dass jemand wirklich das ganze Jahr mit einer Pollenallergie zu kämpfen hat, ist aber ungewöhnlich", sagt der Allergologe Scheich. 

    Ganzjährige Beschwerden hätten nur jene, die gegen die Ausscheidungen von Hausstaubmilben in Textilien allergisch sind. "Die Betroffenen sind dann oft zusätzlich allergisch gegen Frühblüher oder Gräser", beobachtet Scheich. Denn: Je mehr Allergien ein Mensch hat, desto höher ist die Gefahr, dass er noch mehr Allergien entwickelt. "Deswegen ist es so wichtig, dass man Allergien nicht nur als Befindlichkeitsstörung hinstellt, sondern sie richtig behandelt."

    Vorhersagen sind nicht aktuell

    ePIN-Pollenmonitor auf dem Dach des Krankenhauses in Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart).
    ePIN-Pollenmonitor auf dem Dach des Krankenhauses in Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart). Foto: Ralf Thees

    Wer sich bei seiner Freizeitgestaltung oder mit seinen Allergie-Medikamenten nach den wöchentlichen Pollenflugvorhersagen richtet, der sollte im Hinterkopf haben: "Die Vorhersage ist eigentlich immer schon ein paar Tage alt." Denn die Pollen, die die Messstationen einfangen, werden sehr aufwendig gezählt und ausgewertet – und das kann einige Tage dauern, erklärt Scheich.

    Das soll sich aber bald ändern: Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit baut derzeit ein Netzwerk aus Pollenmonitoren auf, die mit eingebauten Kameras alle drei Stunden die eingefangenen Pollen automatisch auswertet. Das elektronische Polleninformationsnetzwerk, kurz ePIN, soll noch im ersten Halbjahr diesen Jahres den Regelbetrieb aufnehmen. In Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart) wurde der Monitor bereits im September 2018 installiert.

    Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels wurde Dr. Matthias Scheich als Leiter der Allergologie am Uniklinikum Würzburg bezeichnet. Dr. Scheich leitet jedoch die Allergologie an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

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