Haben Sie je eine Begrüßung zwischen einem Hund und seinem Menschen beobachtet? Wie der Hund vor Freude hüpft und winselt, dass es manchmal fast wie Gesang klingt? Wie er sich an den Menschen schmiegt, Streicheleinheiten einfordert, ihn abschleckt – oder es zumindest versucht? Hunde sind grundsätzlich sehr sozial. Beißen wollen die allermeisten überhaupt nicht. Das lernen sie schon bei der Mutter und den Geschwistern.
In den ersten Monaten seines Lebens benutzt ein Welpe seine spitzen Milchzähne noch völlig unkontrolliert. Er untersucht seine Umwelt liebend gern mit dem Maul. Dabei zwickt er auch seine Mutter und die Geschwister. Sie alle quietschen und wenden sich ab, wenn die Zähne zu heftig zum Einsatz kommen. Auf diese Weise lernt der kleine Hund, sein Gebiss kontrolliert einzusetzen.
Die Beißhemmung schulen, ist der Job des Besitzers
Die Schulung der Beißhemmung geht später bei den Welpenbesitzern weiter. Mit dem Hund zu toben und sich zu balgen ist lustig und gehört einfach dazu. Da rollen auch stattliche Erwachsene gern mal über den Teppich. Dieses Kontaktspiel schafft Bindung. Aber: Brechen Sie das Spiel sofort mit lautem AU! ab, wenn der Welpe zwickt. Der kurze Aufschrei des Menschen, der sich nach dem Zwicker sofort wegdreht und regelrecht zur Salzsäule erstarrt, vermittelt die Beißhemmung souverän.
Neben der Beißhemmung verfügen Hunde, abgesehen von seltenen Ausnahmen, über eine weitere Strategie, Bisse und Beißereien zu verhindern. In Fachkreisen spricht man von einer Deeskalationsleiter. In verschiedenen Abstufungen signalisiert der Hund, dass er Streit oder einen Biss verhindern will. Kurz gefasst:
1. Beschwichtigung: Der Vierbeiner, der sich bedrängt fühlt, beginnt beispielsweise zu gähnen, leckt sich die Nase und wendet den Kopf ab. Botschaft: „Ich gebe nach. Lass mich in Ruhe.“ Wenn das Gegenüber (Hund/Mensch) das nicht versteht, kommt es zu Stufe 2.
2. Meideverhalten: Der Hund zeigt deutliche Signale des Unbehagens. Er zieht den Schwanz ein, entfernt sich weiter, legt die Ohren an, legt sich auf den Rücken oder bleibt regungslos stehen. Er will sagen: „Lass mich in Ruhe, ich will das nicht.“ Passiert das nicht, kommt es zu Stufe 3.
3. (Angst-)Aggression: Fühlt sich der Hund trotz entsprechender Signale weiterhin bedroht, beginnt er lauter zu knurren, zieht die Lefzen hoch und schnappt in die Luft, dann aber auch in Richtung seines Gegenspielers. Er hat zuvor alle seine Möglichkeiten ausgeschöpft, ein Eskalieren der Lage zu verhindern, wurde aber nicht verstanden.
Fazit: Die Beißhemmung ist kein Märchen, aber auch nicht angeboren, sondern erlernt. Jeder Hund mit guter Kinderstube hat sie. Ebenso die Deeskalationsstrategie. Ob Hunde offensiv gefährlich werden, ist komplex. Aber zu den Hauptgründen gehört definitiv ein Besitzer, der das so will.