Sie nagen auf ihnen herum, tragen sie beim Spaziergang stolz im Maul mit sich und jagen ihnen voller Spaß hinterher. Stöckchen üben auf viele Hunde eine magische Anziehungskraft aus. Auch auf den Terrier Tino, dessen Besitzerin kürzlich notfallmäßig mit ihm in die Praxis kam. Ein Schiefer in Tinos Maul hatte eine schmerzhafte Entzündung ausgelöst. „Soll ich ihm das Steckerlspielen besser verbieten?“, fragte sein Frauchen.
Aus tiermedizinischer Sicht ist die Antwort eindeutig, denn man sieht zu viele schlimme Fälle. Zum Beispiel den Hund, der nicht mehr bremsen konnte, als der Stock bei der Landung schräg im Boden stecken blieb. Oder jenen, der den Stock längs statt quer im Maul trug und so gegen ein Hindernis stieß. Oder jenen mit der blutenden Zunge, weil ein abgebrochener Seitenast am Stöckchen die Oberfläche der Zunge aufgerissen hat.
Plastikspielzeug für Hunde enthält gefährliche Stoffe
Lauter Schauergeschichten? Nein, sondern Unfälle, die tagtäglich so oder ähnlich im echten Leben passieren. Deswegen bekam Tinos Besitzerin tatsächlich den Ratschlag, Stöckchen holen und andere Spiele mit Holz konsequent zu unterlassen.
Trotzdem will ich auch eine andere Seite beleuchten, denn natürlich kommt beim Tierarzt immer das zum Vorschein, was im ungünstigsten Fall passieren kann. Die vielen anderen Hunde, die täglich Stöckchen hinterherjagen und denen nichts passiert, sieht man ja nicht. Das Positive also: Stöcke sind gratis, ungiftig und abbaubar. Plastikspielzeuge hingegen können Weichmacher wie schädliche Phthalate enthalten. Der bekannte Hundeverhaltensforscher Immanuel Birmelin findet noch weitere gute Gründe für Spiele mit Stöckchen. Zum Beispiel spricht Holz die Sinne an: Stöcke haben verschiedene Gerüche und Formen und schmecken unterschiedlich. Manche sind klein, leicht und müssen lange im Unterholz gesucht werden, andere wiegen schwer und werden unter großer Anstrengung stolz getragen. Bälle sind für Birmelin dagegen vergleichsweise langweilig, Hunde würden von ihnen viel schneller neurotisch.
Checkliste für Bergtouren mit Hund
Zwischen der Mahlzeit, der Trainingsvorbereitung oder der Bergtour sollten immer mehrere Stunden liegen.
Höchste Zeit für eine Pause oder einen Tour-Abbruch ist bei folgenden Warnsignalen angesagt: Sehr starkes und schnelles Hecheln. Heraushängende, dunkelrote Zunge, zurückgezogene Lefzen, blasse Mundschleimhäute.
Mit einem Geschirr lassen sich Hunde noch sicherer führen.
In einigen Bergbahnen in Deutschland gilt Maulkorbpflicht (in Österreich und Italien generell).
Vorab Beschaffenheit der Wege prüfen: Für sensible Pfoten sind Hundeschuhe sinnvoll
Wanderrouten genau planen: Gitterstufen, Kletter- und ausgesetzte Steige meiden; immer an den Schwierigkeitsgraden von Wanderwegen orientieren:→ blau = leicht (empfehlenswert)→ rot = mittelschwer (z.T. schon mit kurzen, versicherten Passagen)→ schwarz = schwer (schmal, steil, absturzgefährlich)
Im Sommer schattige Routen und Rastplätze wählen! Auch Hunde können einen Sonnenstich bekommen.
Der Stock sollte immer flach landen
Holz ist vielseitig: Zu zweit zerren Hunde an einem Ast, als wäre er das wertvollste Besitztum der Welt. Ist kein guter Spielpartner in der Nähe, dann nehmen sie den Stock und zerkleinern ihn genüsslich wie ein Stück Beute. Beim Werfen nehmen Stöcke variantenreiche Fluglinien vom Propeller bis zum Pfeil. Hunde verfolgen Stöcke im Flug daher aufmerksamer, während sie beim Ball meist sofort in Wurfrichtung losstürmen.
In der einen Waagschale liegt das Risiko der teils bösen Verletzungen. In der anderen der große Spaß, den Hunde beim Spiel mit dem Stöckchen haben. Wer deswegen nicht verzichten möchte, sollte drei Punkte beachten: 1. Der Ast sollte eine glatte Oberfläche haben ohne Abbruchstellen. 2. Das Holz sollte kompakt und fest sein (am besten mit Rinde) und nicht splitterig. 3. Beim Werfen darauf achten, dass der Stock immer flach landet und sich nicht in den Boden spießt. So lassen sich Risiken deutlich reduzieren.
Zur Person: Tanja Warter ist Tierärztin und verknüpft seit Jahren die Leidenschaft für die Tiermedizin mit dem Spaß am Schreiben.