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Ein Kontinent namens Dürer

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Ein Kontinent namens Dürer

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    Berührende Genauigkeit: „Heiliger Hieronymus im Studierzimmer“ (1521).
    Berührende Genauigkeit: „Heiliger Hieronymus im Studierzimmer“ (1521). Foto: Foto: Museu National de Arte Antiga

    Als Migrantenkind mit ungarischem Vater und aus schlichten Verhältnissen war er nicht vom Stande. Albrecht Dürer (1471 bis 1528) war Forscher auf mehreren Gebieten, wusste alles Neue zu schätzen, reiste viel und probierte künstlerische Methoden und Techniken aus. Gleichzeitig betrieb er ein für seine Zeit ungewöhnliches Selbstmarketing, war Netzwerker und geschäftstüchtig. Dürer schuf die Marke Dürer – Aspekte, die schon die große Nürnberger Dürer-Ausstellung im vorigen Jahr beleuchtete. Der Nürnberger Renaissancemeisters war äußerst vielseitig, er nahm Anregungen von überall her auf. „Dürer. Kunst, Künstler, Kontext“ heißt deshalb die Schau im Frankfurter Städel.

    Die deutsche Romantik machte aus Dürer einen altmeisterlichen Künstler. Aber sein Werk geht über seine Epoche hinaus, seine Ästhetik ist universal. Er war Menschenkünstler und Weltabbilder. „Dürer ist ein ganzer Kontinent“, sagt Städel-Vizedirektor Jochen Sander. Dürer war der Erste, der sein Monogramm auf Werke setzte, beim Holzschnitt und beim Kupferstich setzte er neue Standards.

    Nachruhm und Kult

    280 Werke sind in Frankfurt zu sehen: Porträts, Andachtsbilder, grafische Zyklen, Buchmalerei, Kleinplastik, Objekte und Geräte. Zwischen antike Mythologie, Christentum und Renaissance, die gewaltige, welterneuernde Bewegung seiner Zeit, hat Dürer sein Werk positioniert. Anfangs zeigt es sich dem Mittelalter verpflichtet, doch die frühe Neuzeit verändert ihn. Es sei das Grundanliegen der Schau, „einen Großteil der ikonisierten Werke einem neuen Blick auszusetzen“, sagt Kurator Sander.

    Frankfurt legt die Ausstellung auf zwei Stockwerken in 16 Themenstationen essayistisch an. Es geht um die religiösen Bilderzählungen, die „Meisterstiche“, die Proportionslehre (worüber er mehrere Bücher schrieb), Werkstatt, Auftraggeber und sein Blick auf die Neue Welt, die in seiner Lebenszeit entdeckt wurde und Begeisterung auslöste. Auch um die Selbststilisierung, die Kuriosa, um Nachruhm und Dürer-Kult.

    In einem eigenen Saal erhebt Frankfurt historischen Anspruch auf den Künstler, der 1507 den Heller-Altar für die Dominikanerkirche schuf, eine Grablege für den vermögenden Kaufmann Jakob Heller mit doppelten Flügeln. Dürer hat betont, dass er für diesen Marien-Altar den größten Aufwand seines Arbeitslebens betrieben habe. Die Tafel geriet später nach München, wo sie im 18. Jahrhundert verbrannte. Die überlieferte Kopie ist künstlerisch weniger wertvoll. Spannend daran ist, dass Dürers Werke denen anderer Zeitgenossen gegenübergestellt werden. Den Betrachter berührt die Genauigkeit der Bilder, aber auch der Blick in die Zukunft. Dürer fertigte Idealporträts, wie das „Bildnis einer jungen Frau mit offenem Haar“. Die Jungfrau ist als Heilige in Andacht versunken, aber wallende Haarpracht, Haarband, schönes Gesicht, Schmuck und Kleidung spiegeln die Sehnsüchte einer jungen Frau. Und das in einer Zeit, in der „Hexen“ verbrannt wurden, weil sie verführerische Körper besaßen. Dürer nimmt Gedanken seiner Zeit auf und entwickelt sie weiter. Und wie raffiniert er Zeitgeistiges einfügt! So gibt er der „Fürlegerin“ ein Pflänzchen in die Rechte, das als Liebeszauber galt, so wie er seine „Maria als Schmerzensmutter“ mit aufregend bis zur Hüfte gelocktem Haar darstellt.

    Noch mehr wird in seinen Studien, den Zeichnungen und Grafiken sichtbar, wie aufgeschlossen er war. Erasmus, ein Zeitgenosse, staunte über die „freie Hand“ des Nürnbergers. In seinen zwanziger Jahren hatte er sich noch im Selbstporträt als „Imago Christi“ dargestellt. In den drei Jahrzehnten danach wurde er immer realistischer, ein Lernender, der auch Lehrender war, wie zum Beispiel das „Dresdner Skizzenbuch“ zeigt.

    Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch, Samstag, Sonntag 10-19, Donnerstag, Freitag bis 21 Uhr; Bis 2. Februar.

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