- Was ist das für ein Stück? Das Stück ist zweiteilig: Es besteht aus einem kurzen, geführten Spaziergang vom Theater zum Bahnhof, vorbei an Orten, die mit den Deportationen der Juden im Nationalsozialismus zu tun haben. Am DenkOrt Deportationen spielt Anouk Elias dann einen einstündigen Monolog aus dem Tagebuch der Anne Frank.
- Wie ist das Thema aufbereitet? Auf der Basis der Recherchen des Arbeitskreises Stolpersteine und des Johanna-Stahl-Zentrums für jüdische Geschichte in Unterfranken wird in kurzen Audiobeiträgen an exemplarische Schicksale erinnert. Das schauspielerisch umgesetzte Tagebuch ist die logische Fortsetzung und Ergänzung.
- Lohnt der Besuch? Unbedingt. Das "Projekt im städtischen Raum" des Mainfranken Theaters ist nicht nur vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs erschreckend aktuell. Neben der wichtigen Erinnerung an Menschen, die ohne jeden Grund aus dem Leben gerissen wurden, wird vor allem eines unmittelbar erfahrbar: die Sinnlosigkeit von Hass und Krieg.
Noch vor wenigen Wochen wäre dies ein Stück gewesen, das zwar durch den wieder aufflammenden Judenhass in vielen Ländern und Kriege an vielen Stellen der Welt Anspruch auf Aktualität hätte erheben können. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs bekommt "Das Tagebuch der Anne Frank", ein Projekt im städtischen Raum des Mainfranken Theaters, konzipiert von Oliver Meyer und Philine Bamberger, aber eine zutiefst verstörende Relevanz: Knapp 80 Jahre nach der – vorerst – größten Menschheitskatastrophe scheint es, als wären wir keinen Schritt weitergekommen.