Wolfgang Kubicki erklärt, warum er Mitleid mit der CDU-Chefin hat und ob er wirklich um sein Steak zittert, wenn Robert Habeck Kanzler würde. Außerdem verrät der FDP-Vize, was er dem Youtuber Rezo geantwortet hätte.
Frage: Herr Kubicki, alle reden über Umweltschutz. Vor allem junge Leute treibt die Angst vor dem Klimawandel um. Und die Antwort Ihres Parteichefs Christian Lindner heißt: Die Kinder sollen gefälligst nicht Schule schwänzen und Politik den Profis überlassen. Ist das Ihr Ernst?
Wolfgang Kubicki: Dass wir über diese Frage diskutieren, bedeutet, dass die Kommunikation noch verbesserungswürdig ist. Das wissen wir selbst und das weiß auch Christian Lindner. Wenn unsere politischen Mitbewerber das nun als Denunziationspotenzial benutzen, müssen wir das aushalten.
Was will eigentlich die FDP gegen den Klimawandel tun?
Kubicki: Wenn Sie Innovation und technischen Fortschritt wollen, dann müssen Sie Anreize geben und nicht mit Verboten agieren. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, vorzugeben, welche Technologie eine Zukunft hat und welche nicht. Wir haben vernünftige Konzepte, nur angesichts des Alarmismus und des Rigorismus, die gerade vorherrschen, können wir bei „Fridays for Future“ oder in Sozialen Netzwerken damit nicht punkten. Alle – auch die Medien – schauen nur auf die Extrempositionen. Differenzierte Antworten will gerade niemand hören.
Friedrich Merz unterstellt den Grünen „Umweltpopulismus“. Mögen Sie dieses Wort?
Kubicki: Ich finde, man sollte mit dem Begriff Populismus vorsichtiger umgehen. Das Klimaproblem ist nun mal vorhanden. Und dass den Grünen bei dessen Bewältigung eine hohe Kompetenz zugesprochen wird, ist Fakt. Ich gönne ihnen den Höhenflug. Für uns ist das kein Grund für Neid. Es muss Ansporn sein, besser zu werden.
Lindner warnt schon mal, dass Grünen-Chef Robert Habeck den Deutschen das Steak wegnehmen will. Das klingt aber schon ein bisschen beleidigt, oder?
Kubicki: Ach was, da kennen Sie ihn schlecht. Er hat lediglich davor gewarnt, so zu tun, als gebe es nur einen richtigen Weg, auf den dann alle gezwungen werden müssen. So etwas geht in einem Rechtsstaat nicht. Wir wollen, dass die Leute selbst entscheiden können, ob sie ein Steak essen oder Salat. Oder beides.
Haben Sie nun Angst um Ihr Steak?
Kubicki: Nein, ich habe Robert Habeck als sehr pragmatischen Menschen kennengelernt. Er setzt klare politische Positionen, ist aber anschließend auch bereit, über Kompromisse zu reden. Er kann sich ja meinetwegen ein fleischloses Land wünschen. Aber ich wünsche mir eben, dass ich weiterhin mein Steak essen kann. Und Robert Habeck ist keiner, der per Gesetz bestimmen will, dass Menschen nur noch in einer bestimmten Art und Weise zu leben haben.
Können Sie sich Habeck als Kanzler vorstellen?
Kubicki: Ich bin Anwalt, ich kann mir vieles vorstellen.
Wann platzt die Koalition?
Kubicki: Gar nicht. Erstens, weil Angela Merkel bis 2021 Kanzlerin bleiben will. Sie fühlt sich wohl in ihrer neuen Rolle, überall auf der Welt gefeiert zu werden. Sie ist entspannt, macht Scherze, ich habe sie noch nie so gelöst erlebt. Und zweitens hält die Koalition, weil weder Union noch SPD ein Interesse daran haben, bei Neuwahlen massakriert zu werden.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer scheint jetzt schon als Kanzlerkandidatin verbrannt zu sein. Tut Ihnen die Kollegin leid?
Kubicki: Ja, sie tut mir leid, weil es heute immer weniger um die inhaltliche Auseinandersetzung geht als um die Wirkung von Personen. Wir leben in einer aufgeheizten Zeit, in der Menschen sehr schnell sehr weit nach oben katapultiert werden und dann auch wieder sehr schnell fallen. Diese Angst geht ja gerade auch bei den Grünen um. Wenn es aber nur noch um Personaldiskussionen geht, werden die Menschen an der Demokratie verzweifeln.
Wie fanden Sie die Reaktion der CDU auf den Youtuber Rezo, der in einem Internetvideo zur Zerstörung der Partei aufruft?
Kubicki: Jedenfalls war es keine professionelle Reaktion. Ich hätte als Antwort auch ein Video gedreht.
Was hätten Sie ihm geantwortet?
Kubicki: Hey Rezo! Dass du überhaupt senden kannst, verdankst du der Generation, die du gerade angreifst. Ohne uns gäbe es kein Internet, ohne uns gäbe es kein Youtube. Und im Übrigen ist die letzten 30 Jahre schon viel gemacht worden in Sachen Umweltschutz. Du kannst heute im Rhein und in der Elbe wieder baden, es gibt keinen sauren Regen und kein Waldsterben mehr. Ja, wir haben Probleme. Aber wir schüren damit keine Angst, sondern versuchen sie zu bewältigen – vielleicht ein bisschen langsam, aber manchmal ist Demokratie eben langsam. Und wenn du das nicht willst, dann müsstest du dir einen starken Führer suchen, der alles alleine entscheiden kann – auch gegen den Widerstand der Bevölkerung. Das kannst du nicht wirklich wollen. Also abrüsten!