Wer ins Theater geht, der weiß in der Regel, was ihn erwartet. Es erstaunt den Kenner kaum, dass Shakespeares Hamlet in den Armen Horatios sein Lebenslicht ausbläst und Goethes Iphigenie trunken vor Glück nach Griechenland heimkehrt. Wer Spannung mag, der wende sich dem Fußball zu. Der Fußball unterliegt der Logik des Chaos und der Unberechenbarkeit. Deshalb gilt das geflügelte Wort vom „Theater des kleinen Mannes“ hier nur bedingt. Denn der kleine Mann weiß eben nicht, wie es auf der Bühne des Fußballs enden wird. Theater ist hier mal mehr, mal weniger. Puristen werfen dem Fußball heute gerne vor, dass es weniger um das Spiel und mehr ums Drumherum geht. Das kann man so sehen. Der Fußball ist längst nicht mehr nur Spiel, er ist vor allem Glamour. Manchmal aber gibt es noch Momente, da ist der Fußball ganz bei sich. Kürzlich etwa hat der Trainer des Zweitligisten 1. FC Nürnberg über die reine Lehre gesprochen. Er parlierte 23 Sekunden über den „ballfernen Zehner“, den „asymmetrischen Linksverteidiger“ und davon, dass sein Team „mit einem 4-2-2-2 auf Pressing-Linie eins angelaufen“ sei. „Dummschwätzer“, schrieb daraufhin ein Journalist. Mit Goethe wollte man ihm zurufen: „Da stehst du nun, du armer Tor, und bist so klug als wie zuvor.“ Soll man den Epilog des jungen Trainers noch einmal wiederholen? Soll man das Ganze aufschreiben? Ach so, steht ja schon da. Da bemüht sich einer, in die Seele des Spiels vorzudringen – schon wird er verbrannt. Was gäbe der Theaterbesucher, würde ihm Shakespeare noch einmal derart detailliert den Hamlet erklären!
Unterm Strich