Vor einem Monat hat der Bundesgerichtshof in einem klangvollen Urteil entschieden: Musizieren ist ein Grundrecht. Wie berichtet, war der Reihenhausnachbar eines Berufstrompeters vor den BGH gezogen, weil er Nase und Ohren voll hatte vom Gebläse nebenan. Dass das Augsburger Landgericht dem Blechinstrumentalisten einen ziemlich engen Übeplan auferlegt und ihn auf den Dachboden verbannt hatte, war den Karlsruher Richtern nun viel zu kleinlich. Sie urteilten: Hausmusik ist eine „sozialadäquate“ Freizeitbeschäftigung und könne einen „wesentlichen Teil des Lebensinhalts bilden“ und „von erheblicher Bedeutung für die Lebensfreude“ sein. Kurzum, kein Nachbar habe „Anspruch auf völlige Stille“. Üben ist erlaubt! Auch im Wohnzimmer. Auch am Wochenende und abends. Dieses höchstrichterliche Urteil hat nun Konsequenzen. Findige Komponisten sind dabei, für häusliche Tätigkeiten aller Art, die mit großen und noch größeren Geräuschemissionen verbunden sind, Werke zu verfassen, die künftig von Reihen- und Mietshausbewohnern im Streitfall vor Gericht als Hausmusik geltend gemacht werden können. Bereits auf dem Markt ist die Sinfonie für Rasenmäher und Laubbläser. Es gibt die Serenade a-Dur für Staubsaugen vor Sonnenaufgang, die Nocturne für spätabendliches Waschmaschinenschleudern und natürlich die „Kleine Nachtmusik“ für Rumtrampler und Balkongriller. Noch in Arbeit sind Etüden für Bohrmaschine und andere Heimwerkergeräte sowie die Arien der zänkischen Ehefrau und des brüllenden Gatten. Bis das Motorsägen-Menuett komponiert ist, ist es auch nur noch eine Frage der Zeit.
WÜRZBURG