Die Opposition war gestern auf Zack. Flugs beantragten die Sozialdemokraten für den heutigen Mittwoch eine Aktuelle Stunde im Bundestag zum Thema Krankenversicherung und bayerischer Gesundheitsminister. So gießt man Öl ins politische Feuer. Denn das eigensinnige Vorgehen des CSU-Landesministers Markus Söder, ohne Absprache mit den Parteikollegen den Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vor einem Routinegespräch mit einem alten Gesundheitskonzept zu konfrontieren, hat für viel Krawall in Berlin und in der CSU-Landesgruppe gesorgt.
Nun muss man wissen, dass sich Söder und Rösler von den schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen im Herbst letzten Jahres kennen – und sie mögen sich nicht. Dennoch hat ein Landesminister ein Anrecht auf einen Antrittsbesuch beim Ressortleiter im Bund. Während die Visiten anderer Minister aus den Ländern sang- und klanglos vonstatten gingen, brachte Söder ein Gastgeschenk mit, das er im Vorfeld an eine große Zeitung lanciert hatte: Ein Gesundheitskonzept, das einen etwas niedrigeren einheitlichen Beitragssatz sowie einen Zusatzbeitrag vorsieht, dessen Höhe jede Krankenkasse festlegen darf und den die Versicherten allein schultern müssen. Das Modell kommt ohne die umstrittene Kopfpauschale aus. Söder tat dies in Kenntnis, dass Rösler dankend ablehnen würde – aber zugleich in dem Bewusstsein, damit in die Schlagzeilen zu geraten.
Doch er hat sich verschätzt: Denn sein Gesundheitskracher ist inzwischen im eigenen Lager explodiert. Am Montag bei der Landesgruppensitzung der CSU im Bundestag brach der Zorn aus dem Abgeordneten und Patientenbeauftragten Wolfgang Zöller heraus: „Ich habe die Schnauze voll“, schimpfte der sonst so besonnene Mann aus dem Wahlkreis Main-Spessart/Miltenberg. So wie Zöller dachten wohl viele. Das veraltete Konzept Söders diene nur der Selbstdarstellung. Von „Kasperletheater“ war die Rede. Und davon, dass man Söder nach Berlin zitieren müsse, um ihn in die Mangel zu nehmen. Am 19. April soll der bayerische Minister nun bei der CSU in Berlin Rede und Antwort stehen.
Hintergrund des Ärgers ist, dass sich die schwarz-gelbe Koalition gerade erst auf die Regierungskommission einigte, die Modalitäten für eine Reform im Gesundheitswesen erarbeiten soll. Alle Beteiligten wollten sich damit eigentlich Ruhe beim heiklen Thema verschaffen. Und bei einer Klausurtagung der CSU-Gesundheitspolitiker am Wochenende war Söder gar nicht erst anwesend. Das sorgte für Verdruss. Im Präsidium der Partei am Montag in München soll er lediglich „drei Minuten“ referiert haben, um dann zum Gespräch mit Rösler abzurauschen.
Es sei ihm ausschließlich „um die Sache“ gegangen, verteidigte sich der gescholtene Landesminister gestern. Glauben will das in Berlin keiner. Hinzu kommt, dass der Vorgang ein Schlaglicht auf den Zustand und den Einfluss der Landesgruppe wirft. Die wurde mal eben von Söder übergangen. Wer gestern vermutete, dass ein verärgerter Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich so laute Töne wie vor drei Wochen anschlagen würde, als er gegen die andauernden „Störfeuer“ aus München wetterte, sah sich getäuscht. Friedrich hatte Kreide gefressen: Es habe sich ja nur um eine „Gedankenskizze“ Söders gehandelt, gab er den Sanftmütigen. Da hat wohl jemand nach seiner letzten Kritik ordentlich auf den Deckel bekommen.