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DDR-Schelte wird zum Rohrkrepierer

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DDR-Schelte wird zum Rohrkrepierer

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    Potsdam (dpa) Brandenburgs Innenminister und CDU-Chef Jörg Schönbohm bekennt sich gern dazu, Mitglied im "Club der deutlichen Sprache" zu sein. Offen sagt der 67-Jährige seine Meinung, prescht aber auch oft vor und muss dann manchen Rückzieher machen. Das ging bisher am Ende für ihn immer noch gut aus, jetzt aber hat sich der frühere Bundeswehrgeneral in eine äußerst schwierige Lage manövriert.

    Seine Feststellung, die "erzwungene Proletarisierung" unter dem SED-Regime sei eine Hauptursache für Gewaltbereitschaft und Werteverlust in Ostdeutschland, entfachte in der Bevölkerung wie bei Parteifreunden einen Sturm der Entrüstung. Sechs Wochen vor der Bundestagswahl sind die Betrachtungen des gelernten Artilleristen Schönbohm für die Ost-CDU ein wahrer Rohrkrepierer. Entsprechend harsch fielen die Reaktionen christdemokratischer Amtsträger aus.

    "Unerhörte Äußerungen"

    Schönbohms Äußerungen seien "unerhört", meinte Thüringens CDU-Generalsekretär Mike Mohring. "Vor zwei Wochen haben wir darüber gesprochen, wie wir im Wahlkampf mehr Vertrauen bei den Ostdeutschen gewinnen. Diese Sätze tragen sicher nicht dazu bei." Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre forderte seinen Parteikollegen indirekt zum Rücktritt auf. Dessen Äußerungen seien "unverantwortlich". "Die Zeit Schönbohms ist abgelaufen. Er sollte über seine politische Zukunft nachdenken."

    Die Gefahr erkennend, zog CDU-Chefin Angela Merkel schließlich die Notbremse und forderte Schönbohm unmissverständlich auf, die Diskussion über die gesellschaftlichen Ursachen solcher Gewaltverbrechen wie in Brandenburg schleunigst zu beenden. Zerknirscht erschien der Gemaßregelte daraufhin in der "Tagesschau", um sich "bei denen, die sich verletzt und beleidigt fühlen", zu entschuldigen.

    Seltsame Solidaritätsadresse

    "Einen Fehler hat jeder frei." Mit diesen Worten machte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) schnell klar, dass er trotz aller Meinungsverschiedenheiten die Zusammenarbeit mit seinem Stellvertreter in der rot-schwarzen Potsdamer Koalition fortsetzen will. Wenn er wollte, könnte der Ministerpräsident seinem Partner Schönbohm aber wohl mehr als ein einmaliges Fehlverhalten vorwerfen. So unterschrieb der CDU-Politiker beispielsweise im Februar 2003 anlässlich des Irak-Krieges eine Solidaritätsadresse an US-Präsident George W. Bush, in der er sich mit anderen CDU-Politikern für die rot-grüne Bundesregierung schämte. Obendrein dachte Schönbohm zur Gefahrenabwehr auch schon laut über polizeilich erlaubte Folter nach.

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