Berlin Der Streit ist vermutlich so alt wie der Computer selbst: Macht der PC die Kinder nun schlauer oder dümmer? Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, legt sich in einer neuen PISA-Auswertung fest: In Deutschland schneiden 15-Jährige, die im Umgang mit Computern versiert sind, in wichtigen Schulfächern besser ab als Mitschüler, für die Maus und Tastatur eher ein Buch mit sieben Siegeln sind. "Die Studie legt nahe, dass der Computer die Schüler schlau macht", resümierte OECD-PISA-Experte Andreas Schleicher. Beispiel Mathe: Schüler, die zu Hause keinen PC auf dem Schreibtisch stehen haben, schnitten beim PISA-Test 2003 deutlich schlechter ab als Altersgenossen mit PC-Zugang. Laut OECD kann der Unterschied fast ein Schuljahr betragen.
In der Schule ist der Einsatz der Technik noch längst nicht an der Tagesordnung: So waren zum Zeitpunkt der jüngsten PISA-Erhebung 2003 nur 71 Prozent der deutschen Lehranstalten an das Internet angeschlossen, und die Zahl der Schüler, die sich einen Computer teilen müssen, ist in Deutschland doppelt so hoch wie im OECD-Durchschnitt. Obwohl die Schüler eine positive Einstellung zu der Technologie hätten, würde sie zu wenig an den Unterrichtsstoff geknüpft, Lernerfolge also verhindert.
Das Münchner Ifo-Institut kam in einer Analyse sogar zu dem Schluss, dass die intensive Computernutzung in der Schule nicht mit besseren, sondern zumeist sogar mit schlechteren Leistungen einhergeht - wenn der PC nicht wirkungsvoller eingesetzt wird. Deutschland weist zudem mit 23 Prozent den geringsten Prozentsatz von 15-Jährigen auf, die den Schul-Computer mehrmals in der Woche nutzen. Im OECD-Schnitt sind dies hingegen 44 Prozent. 82 Prozent der deutschen Schüler benutzen ihr Gerät zu Hause mehrmals in der Woche.
Zahlreiche andere Studien warnen vor den Folgen, wenn im Kinderzimmer vor allem "gedaddelt" oder ziellos gesurft wird - die Diagnose lautet daher bei immer mehr Kindern: Leistungsabfall, Verdummung und Verwahrlosung. So verhindert die Bilderflut der Computerspiele nach Aussage des Magdeburger Hirnforschers Henning Scheich, dass von der Schule vermittelte Lerninhalte in dauerhaftes Wissen umgewandelt werden. Der Kriminologe und Jugendforscher Christian Pfeiffer spricht gar von einer Verarmung der sozialen Existenz: "Wer pro Tag in seiner Freizeit mehr als vier Stunden vor dem Fernseher oder dem PC verbringt, der versäumt das Leben".