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Der weite Weg zurück ins Leben

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Der weite Weg zurück ins Leben

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    Millionen Zuschauer verfolgten das Interview mit Natascha Kampusch, das
der österreichische Fernsehsender ORF zeigte. Das Interesse der Medien an
der jungen Frau ist ungebrochen hoch.
    Millionen Zuschauer verfolgten das Interview mit Natascha Kampusch, das der österreichische Fernsehsender ORF zeigte. Das Interesse der Medien an der jungen Frau ist ungebrochen hoch. Foto: FOTO DPA

    Natascha Kampusch selbst hält sich für stark genug, nach Ende der Zeit im Krankenhaus wieder in ein normales Leben zurückzukehren. "Ich bin robust, und es wird von Tag zu Tag besser", sagt sie. In Wien wird bereits nach einer Eigentumswohnung für die junge Frau gesucht - eine Gegenleistung dafür, dass sie der "Kronen-Zeitung" ein Exklusiv-Interview gegeben hat. Nach einem längeren Urlaub will Natascha Kampusch diese Wohnung beziehen, mit der Schule beginnen und die Matura (entspricht dem deutschen Abitur) machen. Das Bildungsministerium und der Stadtschulrat haben angekündigt, sie dabei zu unterstützen.

    Wie stark die Bindung zu ihren Eltern ist und künftig sein wird, darüber wollte sich Natascha Kampusch nicht äußern. Ihr Betreuerteam ließ jedoch wissen, sie habe ein "distanziertes Verhältnis" zu ihren Eltern. Vater Ludwig Koch, der sich in den vergangenen Wochen durch die Talkshows Europas reichen ließ, und Mutter Brigitta Sirny hatten sich schon vor dem plötzlichen Verschwinden ihrer Tochter getrennt, sind geschieden und leben mittlerweile in anderen Beziehungen.

    Für die Polizei ist der Fall trotz des Selbstmordes von Wolfgang Priklopil am Tage von Natascha Kampuschs Flucht noch nicht erledigt. Im Mittelpunkt steht nach wie vor die Frage, ob an der Entführung am 2. März 1998 noch ein zweiter Täter beteiligt war. Eine damals zwölfjährige Schülerin hatte ausgesagt, Natascha Kampusch sei von zwei Tätern entführt worden. Kampusch hingegen gab an, von Priklopil alleine entführt worden zu sein. Bei Grabungen im Garten des Hauses in Strasshof hat die Polizei keine relevanten Hinweise gefunden.

    Anwalt bestätigt Ski-Ausflug

    Während die Polizei noch ermittelt, ist die Arbeit des Wiener Medienberaters Dietmar Ecker abgeschlossen. "Auftrag für Natascha Kampusch erfüllt - Dank an Medien." - Diese acht Worte stehen auf der Homepage Eckers, der seine junge Klientin bei ihren ersten öffentlichen Auftritten betreut hatte. Wer jetzt etwas von Natascha Kampusch will, muss sich an die Wiener Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger & Partner wenden. Die Juristen haben es sich zur Herkulesaufgabe gemacht, alle Zeitungen, die reine Screenshots (Bildschirmfotos) des vom österreichischen Fernsehsender ORF geführten Interviews abdruckten, mit Schadenersatzklagen zu überziehen. Klagen drohen nach Angaben der Kanzlei auch Medien, die "in grober Weise gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen".

    Die Berichte des Hamburger Magazins "Stern", wonach Natascha Kampusch noch Anfang dieses Jahres mit ihrem Entführer beim Ski fahren gewesen sei, hat ihr Anwalt Gabriel Lansky am Freitag bestätigt. Sie habe bei dem Ausflug zum Hochkar in Niederösterreich allerdings keine Chance zur Flucht gehabt, sagte er. Man habe so lange über diesen Ski-Ausflug geschwiegen, weil man befürchtete, dass die Entführung dadurch verharmlost werden könnte. Natascha Kampusch hatte zuvor gegenüber der "Kronen-Zeitung" bestritten, mit Priklopil beim Ski fahren gewesen zu sein.

    Das bizarre Schicksal von Natascha Kampusch hat nicht nur das mediale Interesse geweckt, sondern auch das von skrupellosen Geschäftemachern. Im Internet tauchten gefälschte Spendenaufrufe auf, die vermeintlich im Namen Kampuschs an die Hilfsbereitschaft der Bürger appellieren. Die junge Frau hatte zuvor mitteilen lassen, dass sie mit der Natascha Kampusch Foundation Hilfsprojekte für Entführungsopfer unterstützen will, hungernde Menschen in Afrika und verschleppte Frauen in Mexiko.

    Um den Albtraum, den das Mädchen durchlebt hat, reißt sich mittlerweile sogar Hollywood. Noch hat Natascha Kampusch nicht entschieden, ob und - wenn ja - an wen sie die Rechte für die Verfilmung ihrer Lebensgeschichte verkaufen soll, da glaubt das Boulevard-Magazin "Bunte" schon zu wissen, wer ihre Rolle spielt: US-Schauspielerin Scarlett Johansson soll es sein.

    Nicht nur auf der Leinwand, auch auf der Theaterbühne könnte der Fall Kampusch bald zu sehen sein. Die serbische Dramatikerin Maja Pelevic schreibt ein Stück, das vom Schicksal der jungen Österreicherin inspiriert ist. Darin will sich Pelevic mit dem öffentlichen Druck und Manipulationen der Medien befassen, denen Natascha Kampusch ausgesetzt ist.

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