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Gastbeitrag: "Der Kampf gegen Aids ist ein Kampf gegen die Armut"

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Gastbeitrag: "Der Kampf gegen Aids ist ein Kampf gegen die Armut"

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    Jürgen Hammelehle
    Jürgen Hammelehle Foto: FOTO NATTER

    E rgriffen kniet die Fernsehmoderatorin Anne Will neben dem Patienten in einer Klinik im Süd-Sudan: Wilson Monday kommt aus dem benachbarten Uganda. In der südsudanesischen Stadt Rumbek wollte er als Lehrer eine Lücke ausfüllen, die durch den langjährigen Bürgerkrieg entstanden ist. Nun ist er todkrank - die niederschmetternde Diagnose heißt Aids. Wie viele andere Menschen auf dem afrikanischen Kontinent hat er keine Chance auf die lebensverlängernden Medikamente, die seit vielen Jahren Aidskranken in den reichen Ländern das Leben mit HIV ermöglichen.

    Der Welt-Aids-Tag am 1. Dezember rückt eine Krankheit ins Rampenlicht, die bisher etwa 25 Millionen Menschen weltweit das Leben gekostet hat. Und besonders prekär ist die Situation in den Ländern der so genannten Dritten Welt. So stehen in Südostasien nur für 0,1 Prozent der erwachsenen Bevölkerung Beratung und die Möglichkeit eines HIV-Tests zur Verfügung. In Südafrika können nur fünf Prozent aller HIV-positiven Mütter die Behandlung erhalten, die die Wahrscheinlichkeit der Übertragung des Virus von der Mutter auf das Kind senken kann.

    Im Jahr 2005 gibt es weltweit etwa fünf Millionen Neuinfektionen, und die neuesten Zahlen der Vereinten Nationen geben nüchtern wieder, dass dieses Jahr etwa drei Millionen Menschen an Krankheiten sterben, die mit Aids in Zusammenhang stehen, darunter mehr als eine halbe Million Kinder. Kein Wunder, dass neulich die Weltgesundheits-Organisation den Tuberkulose (TB)-Notstand für Afrika ausgerufen hat. TB gilt als die Koinfektion, die bei Aids am häufigsten zum Tod führt. Mehr als 500 000 Menschen sterben jährlich alleine in Afrika an dieser bei uns fast vergessenen Krankheit.

    Seit 1981, als die ersten Aids-Fälle auftraten, hat die Krankheit ihr Stigma nicht verloren. Immer noch haben Menschen Angst, sich an die Öffentlichkeit zu wagen, wenn sie an Aids erkrankt sind. Und obwohl sich in den letzten Jahren sehr viel getan hat, bleibt es traurige Tatsache, dass nach wie vor 85 Prozent der Aidskranken weltweit von einer wirksamen Therapie ausgeschlossen sind. Heute erhalten etwa eine Million Menschen die wichtigen lebensverlängernden Medikamente. Ende 2003 waren es noch etwa 400 000. Seit auch in Entwicklungsländern Menschen mit Aids behandelt werden können, gibt es Hoffnung, das Stigma zu durchbrechen. Denn Patienten, die ein Leben in Würde führen können, wagen es zunehmend, über ihre HIV/Aids-Erkrankung zu sprechen und bringen ihre Erfahrung in die Präventionsarbeit und Therapie ein. So entstehen Selbsthilfegruppen auf der ganzen Welt.

    Aids-Aktivisten appellieren an die wichtigsten Produzenten von Aids-Medikamenten, ihren Beitrag zur Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten in ärmeren Ländern zu leisten. Mit ihrer Unterschrift auf leeren Medikamentenverpackungen fordern Bürgerinnen und Bürger die Unternehmen auf, deutlich mehr zu tun, so auch angepasste Medikamente für Kinder anzubieten. Prominente Unterzeichner wie der Sänger Herbert Grönemeyer oder der Berliner Kardinal Sterzinsky gehören zu den Unterstützern der Aktion.

    Die Herstellung und Finanzierung von Aids-Medikamenten ist nicht das einzige Problem, wenn man den Millionen Aidskranken helfen will. Es muss auch die Frage beantwortet werden, wie die Kranken Zugang zu Beratung und Medikamenten erhalten können. Die Verbreitung von Aids in Afrika kann nur wirksam aufgehalten werden, wenn es gelingt, flächendeckend Gesundheitsdienste aufzubauen. Dabei ist der Kampf gegen die Epidemie untrennbar verbunden mit dem Kampf gegen Armut und Unterentwicklung. Vor allem muss immer wieder auf die Aufklärungsarbeit hingewiesen werden. Prävention und Entstigmatisierung sind die Schlüsselbegriffe im Kampf gegen die Krankheit.

    Kampagnen, in der sich viele Hilfsorganisationen zusammenfinden, möchten auf die Missstände hinweisen und sie abschaffen helfen. So erklären das bundesweite Aktionsbündnis gegen Aids und die Kampagne Gemeinsam für Afrika, dass effektive Entwicklungszusammenarbeit in vielen Ländern dieser Welt nur einhergehen kann mit der Bekämpfung der Aids-Pandemie. Anne Will und andere Journalisten haben das schreckliche Gesicht von Aids am Krankenbett des Lehrers in Rumbek gesehen. Sie haben erfahren müssen, dass nur mit vereinten Kräften im Land und mit Hilfe von außen alles unternommen werden muss, um dieser Krankheit Einhalt zu gebieten.

    Zur Person

    Jürgen Hammelehle
    Der 48-jährige Betriebswirt und
    Journalist ist seit 2001 Geschäfts-
    führer der Deutschen Lepra- und
    Tuberkulosehilfe in Würzburg. Seit
    2004 ist Hammelehle zudem Spre-
    cher des bundesweiten Aktions-
    bündnisses gegen Aids. Hamme-
    lehle ist verheiratet und hat zwei
    Kinder.

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