Washington (afp) US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat sich wegen eines Interessenskonflikts als Regierungsmitglied und Großaktionär in allen Entscheidungen zur vorbeugenden Bekämpfung der Vogelgrippe für befangen erklärt. Rumsfeld teilte in Washington mit, er habe dem Ethik-Ausschuss des Senats und dem Justizministerium seine Millionen-Beteiligung an der Pharmafirma offengelegt, die das Vogelgrippe-Medikament Tamiflu entwickelt hatte. Das US-Magazin Fortune schätzte Rumsfelds Beteiligung an Gilead Sciences Inc. auf einen Wert zwischen fünf und 25 Millionen Dollar (4,2 bis 20,8 Millionen Euro). Die entsprechenden Stellen und die Rechtsberater des Weißen Hauses hätten ihm geraten, sich aus sämtlichen Entscheidungen zur Vorbeugung und Behandlung der Vogelgrippe herauszuhalten, sagte Rumsfeld.
Rumsfeld war seit 1997 bis zu seinem Eintritt in die US-Regierung im Jahr 2001 Präsident von Gileads Forschungsabteilung. Die Nachfrage nach dem von Gilead gemeinsam mit dem Schweizer Pharmakonzern Roche entwickelten Mittel war nach den Berichten über die jüngste Ausbreitung der Vogelgrippe sprunghaft angestiegen. Der Wert der Gilead-Aktien kletterte von 35 auf 47 Dollar. Fortune berichtete in seiner Online-Ausgabe, das habe dem Pentagon-Chef, ohnehin bereits eines der reichsten Mitglieder der Bush-Regierung, mindestens eine Million Dollar eingebracht. Allein das US-Verteidigungsministerium bestellte im Juli Tamiflu für 58 Millionen Dollar.
Verquickung von Interessen
Laut Fortune erhält Gilead von Roche für den Verkauf von Tamiflu eine Lizenzgebühr von zehn Prozent. Der frühere US-Außenminister George Shultz, Mitglied des Gilead-Verwaltungsrats, hat demnach seit Jahresbeginn Gilead-Aktien im Wert von sieben Millionen Dollar verkauft. Als Rumsfeld Verteidigungsminister wurde, durfte er die Gilead-Anteile behalten, weil das Unternehmen kein direkter Vertragspartner seines Ministeriums war.
Der Fall weckt Erinnerungen an die Verquickung politischer und wirtschaftlicher Interessen von US-Vizepräsident Richard Cheney. Cheney leitete bis 2001 den texanischen Konzern Halliburton, der nach dem Krieg der USA gegen den Irak und dem Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein lukrative Aufträge in dem Zweistromland erhielt.
US-Präsident George W. Bush will unterdessen im Kampf gegen die Vogelgrippe 7,1 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen. Der Kongress solle die Geldmittel bewilligen, forderte Bush im Nationalen Gesundheitsinstituts in Bethesda bei Washington. Das Geld solle zum Kampf gegen eine mögliche Vogelgrippe-Pandemie oder jede andere große Infektionswelle zur Verfügung stehen
Stichwort
Das Medikament Tamiflu
Tamiflu gehört zu den so genann- ten antiviralen Medikamenten, die Symptome und Dauer der Grippe mindern. Ein echtes Gegenmittel gegen die Vogelgrippe ist es nicht. Experten nehmen jedoch an, dass Tamiflu auch gegen das Vogel- grippe-Virus wirkt und die Sterb- lichkeit bei rechtzeitiger Einnahme deutlich verringern könnte.