"Der Sachverhalt wird lückenlos aufgeklärt", versichert Justizminister Geert Mackenroth (CDU). Rund sieben Stunden nach seiner Aufgabe war Mario M. am Vormittag von sieben vermummten Beamten des Sondereinsatzkommandos mit Hand- und Fußfesseln in den Saal des Landgerichts Dresden geführt worden.
Ein Amtsarzt hatte den 36-Jährigen zuvor untersucht und für nicht verhandlungsfähig erklärt. Die Sitzung soll nun planmäßig am 21. November fortgesetzt werden.
Mario M. war beim Hofgang am Mittwochmorgen seinen Bewachern entwischt und an einer vergitterten Fensterfront auf ein neun Meter hohes Hafthaus geklettert. Dort hatte er Polizei und Justiz stundenlang in Atem gehalten und erst am frühen Donnerstagmorgen aufgegeben.
"Das Flachdach war sehr übersichtlich und für einen schnellen Zugriff unserer Beamten nicht geeignet", erläuterte Polizeichef Fleischmann die Situation. Das Gelände habe es auch nicht erlaubt, Sprungmatten oder Ähnliches auszulegen. "Wir mussten nicht schnell eingreifen, weil - anders als bei einer Geiselnahme - nur der Gefangene selbst gefährdet war", sagte Fleischmann.
Die Bilder des auf dem Dach stehenden Täters "vermitteln natürlich den Eindruck, hier verhöhnt der Täter sein Opfer und gibt ihm durch Körpersprache zu verstehen: Ich bin da, ich habe Kontrolle", sagte Mackenroth. Der Vollzug müsse aber darauf achten, dass die Gefangenen unversehrt blieben. Dazu gebe es im Rechtsstaat keine Alternative.
Der Sprecher der Opfervereinigung Weißer Ring, Helmut Rüster, kritisierte die Entscheidung des Gerichts, den Prozess zu unterbrechen: "Ein Mensch, der zu solchen Taten fähig ist und 20 Stunden aufrecht auf dem Dach stehen kann, kann auch im Gerichtssaal sitzen."
Mario M. muss sich seit Montag wegen Vergewaltigung, Geiselnahme, Kinderpornografie und anderer Straftaten vor dem Dresdner Landgericht verantworten. Er hatte zu Beginn gestanden, die damals 13 Jahre alte Schülerin entführt und wochenlang sexuell misshandelt zu haben.
M. war 1999 wegen schweren Kindesmissbrauchs zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt worden. Nach einem positiven Gutachten kam er nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe auf Bewährung frei.
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