Die 30 Aktivisten waren am Morgen auf die 60 Meter hohe Kuppel geklettert. Sie entrollten ein Banner mit der Aufschrift „Atomkraft schadet Deutschland“. Die alten Atomkraftwerke Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar 1, Philippsburg 1, Neckarwestheim 1 und Unterweser könnten einem Terror-Angriff aus der Luft nicht standhalten, behauptet Greenpeace – und beruft sich dabei auf Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der immer wieder vor der Gefahr von Anschlägen warnt.
Die Folgen eines solchen Unfalls oder Anschlages auf ein Kernkraftwerk hatte die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (gfR) im Auftrag der Bundesregierung nach dem 11. September 2001 untersucht – und die (offenbar wenig schmeichelhaften) Ergebnisse jahrelang geheim gehalten. Laut einer Studie der Europäischen Vereinigung für erneuerbare Energie von 2007 sind jüngere Anlagen – zu denen namentlich Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) zählt – vor zufälligen Abstürzen von Flugzeugen in der Größe eines Kampfjets sicher. Dagegen gibt es beim Absturz eines Passagierflugzeuges durch Terroristen „Unsicherheiten hinsichtlich der Beherrschbarkeit solcher Ereignisabläufe“, sagt die Studie. Sie warnt: „Bislang als unwahrscheinlich betrachtete terroristische Szenarien müssen vor diesem Hintergrund neu diskutiert werden.“
Deshalb will Greenpeace vor Gericht ziehen. Denn die Berechnungen der Umweltschützer lassen im Umkreis von 25 Kilometern um ein getroffenes Kernkraftwerk eine Strahlendosis von 14 424 Millisievert in sieben Tagen erwarten. „Ab einer Dosis von 7000 Millisievert liegt die Sterblichkeitsrate bei nahezu 100 Prozent, warnt Greenpeace und fordert die sofortige Stilllegung der sieben Kraftwerke.
Keiner der Reaktoren sei ausreichend gegen einen Flugzeugabsturz oder einen Anschlag aus der Luft geschützt. Laut Greenpeace zeigte die Aktion vom Montag auch, wie schnell man auf das Gelände gelangen kann. Laut dem Betreiber E.ON wurde das Eindringen der Aktivisten frühzeitig erkannt. Durch ein gestaffeltes Sicherheitskonzept sei ihr Vordringen in Sicherheitsbereiche verhindert worden. Das Kraftwerk laufe ungestört im Volllastbetrieb, hieß es.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2008 auf eine Klage aus Grafenrheinfeld die Gefahr eines gezielten Flugzeugabsturzes als gering eingestuft. Das Bundesamt für Strahlenschutz habe davon ausgehen dürfen, dass der Strahlen-Richtwert zur Evakuierung von Personen „auch im Falle des gezielten terroristischen Flugzeugabsturzes nicht erreicht werde“, hieß es damals.