Die Nachrichten klingen schockierend: Kopf und Hals eines 21-Jährigen seien auf das dreifache der normalen Größe angewachsen, berichtet die britische Boulevardzeitung "The Sun". Die BBC meldet bei einem Mann hätten alle inneren Organe versagt. Sechs Männer liegen im Londoner Northwick-Park-Krankenhaus. Zwei von ihnen kämpfen, laut Auskunft der Klinik, mit dem Tod. Zuvor hatten sie an einem Medikamenten-Test teilgenommen. Die Substanz, die sie eingenommen haben, war in Würzburg von der Firma TeGenero entwickelt worden. Für den Versuch hatten die Probanden 150 britische Pfund erhalten.
Der Wirkstoff TGN 1412 war die erste Entwicklung des kleinen Würzburger Unternehmens. Die Medizin sollte bei der Behandlung von Leukämie, Multipler Sklerose und rheumatischer Arthritis zum Einsatz kommen. TeGenero-Vorstandsvorsitzende Benedikte Hatz und der wissenschaftliche Leiter der Firma, Thomas Hanke, flogen sofort nach London. "Das Wichtigste ist nun, dass die Patienten und Familien alle erdenkliche Hilfe erhalten. Wir stehen für sämtliche Fragen der Ärzte zur Verfügung", so Hanke in einer Pressemitteilung des Unternehmens.
Bei vorausgegangen Tests habe es keinerlei Probleme gegeben, stellt Hanke klar: "Das Arzneimittel wurde in Übereinstimmung mit sämtlichen ethischen und klinischen Richtlinien entwickelt." Trotzdem hatten, nach Informationen von Focus-Online, deutsche Zulassungsbehörden bereits länger Bedenken. Ursprüngliche wollte, die von TeGenero mit den Tests beauftragte US-amerikanische Firma Parexel das Arzneimittel in Deutschland testen. Hier war die Studie erst nach umfangreichen Änderungen am Versuchsprotokoll genehmigt worden.
"Diese schockierenden Entwicklungen müssen so schnell wie möglich aufgeklärt werden", so Hanke. Für die Firma TeGenero könnte der Vorfall das Aus bedeuten. Das Biotech-Unternehmen hat derzeit 15 Mitarbeiter. Entstanden war die Firma im Jahr 2000 als Ausgründung des Instituts für Virologie und Immunologie. Im Jahr 2002 wurde aus TeGenero eine Aktiengesellschaft. Insgesamt rund 14 Millionen Euro hat die Würzburger Firma in der Zwischenzeit bei Investoren gesammelt. Der in Großbritannien getestete Wirkstoff war die erste und bislang wichtigste Entwicklung der Firma.
Was der Grund für die schlimmen Nebenwirkungen ist, ist laut Sarah Coacklay, Sprecherin der britischen Zulassungsbehörde für Arzneimittel, unklar: "Grund kann alles sein: Eine Überdosierung, ein fehlerhaft hergestelltes Produkt oder ein Effekt, der im Tierversuch nicht aufgetreten ist."
Im Blickpunkt
Wirkstoff TGN 1412
Die Würzburger Forscher haben
einen Wirkstoff entwickelt, der
eine Untergruppe der weißen Blut-
körperchen aktiviert. Dadurch sol-
len sich die Zahl von Immunzellen
von Leukämie-Patienten erhöhen
und Entzündungsreaktionen im
Körper unterbunden werden.