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Trump, AfD & Co.: Wir dürfen uns nicht an das Anormale gewöhnen

Kommentar

Populismus wird zur Gefahr: Wir dürfen uns nicht an das Anormale gewöhnen

Stefan Stahl
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    Ex-Präsident Donald Trump schimpft und flucht vor Gericht in den USA.
    Ex-Präsident Donald Trump schimpft und flucht vor Gericht in den USA. Foto: Andrew Harnik, AP

    In diesem Jahr hat sich zum 300. Mal der Geburtstag des Philosophen Immanuel Kant gejährt. Die Erkenntnisse des Großdenkers sind in einer Zeit zunehmenden Populismus aktueller denn je, zumal Unvernunft selbst in einst stabilen Demokratien wie den USA oder Deutschland zunehmend salonfähig wird. Menschen haben keine Hemmungen mehr, Lügen als Wahrheit zu verkaufen. Und das, auch wenn klar ist, dass ihre auf (a)sozialen Netzwerken wie TikTok verbreiteten Botschaften nicht den Tatsachen entsprechen. Einst haben sich Menschen blamiert, die Unsinn reden. Sie wurden nicht ernst genommen und ausgegrenzt. 

    AfD ist zum Sammelbecken für Unvernünftige geworden

    Die demokratische Hygiene funktionierte. Längst ist die AfD aber zum Sammelbecken der Unvernünftigen geworden. Dort tummeln sich Politiker, die mit ihren extremen Ansichten in etablierten Parteien schon in Ortsvereinen ausgebremst würden. Die AfD, aber auch das Bündnis Sahra Wagenknecht, das etwa laut Spiegel keine sächsischen Soldaten an die Nato-Ostflanke entsenden will, halten dem Kant-Check nicht stand. Beide politischen Gruppierungen scheitern schon an der Prüfung des Kategorischen Imperativs des Philosophen, heißt er doch: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ 

    Im Europa-Wahlprogramm der AfD steht indes: „Auf nationaler und europäischer Ebene müssen Remigrationsprogramme auf- und ausgebaut werden.“ Doch ist es, um mit Kant zu sprechen, im Interesse von Deutschland, wenn Flüchtlinge gehen müssen, obwohl sie etwa alte und kranke Menschen aufopfernd pflegen? Sollen wir uns in Zeiten des demografischen Wandels selbst pflegen? An dem Beispiel wird deutlich, dass Rechtsextremisten wie Björn Höcke die Dinge nicht vom Ende her wie vernunftbegabte Menschen denken. Und es lässt sich nicht mit dem Kategorischen Imperativ vereinen, wenn sich der Wagenknecht-Illusionismus durchsetzen würde und Deutschland versucht, den Aggressor Putin mit Blümchen-Pazifismus auf Abstand zu halten. Das wäre pure Unvernunft. 

    Vernunft muss hart erarbeitet werden, durch Lesen, Debattieren und Nachdenken. Sie ist das Gegenteil der TikTok-Gesellschaft, in der, wer auf Unsinn klickt, dank des Algorithmus noch mehr Unsinn serviert bekommt. Da es anstrengend ist, sich mit Faktenwissen Überzeugungen zu erarbeiten, schwenken zu viele auf den faulen Weg des Populismus ein. 

    Es ist nie zu spät für eine Zeitenwende der Vernunft

    Der österreichische Gegenwartsphilosoph Paul Sailer-Wlasits hat den Politikstil eines Donald Trump, des personifizierten Anti-Kant, zum „New Normal“, der neuen Normalität erklärt. Was der frühere und vielleicht künftige US-Präsident betreibt, entspricht indes der neuen Anormalität. Sein Auftreten ist derart bizarr, dass selbst denkunwillige Menschen sich abgestoßen fühlen müssten. Vor Gericht in New York wurde eine Art Käfig errichtet, in dem Trump außerhalb des Justizsaals fluchen und Unwahrheiten verbreiten durfte. Ein klarer Fall von „spätrömischer Dekadenz“, wie der einstige FDP-Politiker Guido Westerwelle es nannte. Die größte Gefahr für Demokratien ist, wenn das Anormale zur Normalität wird und es die Menschen auch noch fatalistisch hinnehmen, also abstumpfen. 

    Doch es ist nie zu spät für eine Zeitenwende der Vernunft. Dafür steht Kants Erkenntnis: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.“ Über westliche Unmündigkeit freuen sich nur Potentaten wie Putin oder der chinesische Staatschef Xi Jinping.

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