In Ägypten ist der Ausnahmezustand mit nächtlicher Ausgangssperre ausgerufen worden. Auch Touristenorte am Roten Meer sind von den Unruhen inzwischen betroffen: Im Badeort Hurghada gab es in der Nacht zum Donnerstag einen Todesfall beim Zusammenstoß von Demonstranten und der Polizei. Von Reisen in das arabische Land rät das Auswärtige Amt mittlerweile ab. Immer mehr Urlauber haben vor einem Reiseantritt auch in den nächsten Wochen und Monaten Bedenken. Die Sorgen der Urlauber kann der Würzburger Rechtsanwalt und Dozent für Reiserecht Kay Rodegra verstehen. Der Experte erklärt, was Ägypten-Urlauber beachten sollten.
Ich habe einen Urlaub in Ägypten gebucht. Kann der nun kostenlos storniert werden?
Wenn nach der Buchung ein unvorhersehbares Ereignis eintritt, das die Reise gefährlich macht oder den Urlaub erheblich beeinträchtigt, können Reisende von ihrer Pauschalreise zurücktreten. Juristen sprechen in diesem Fall von einer Kündigung wegen höherer Gewalt. Neben Kriegen oder inneren Unruhen zählen auch Naturkatastrophen oder Epidemien als Grund für eine solche Kündigung. Gefährdung oder Beeinträchtigung müssen jedoch zum Reiseantritt konkret oder deren Eintritt wahrscheinlich sein. Für Reisen, die in den nächsten Tagen nach Ägypten beginnen sollen, ist aufgrund der derzeit unübersehbaren Gefahrenlage eine Kündigungsmöglichkeit gegeben.
Wer entscheidet über eine solche konkrete Gefährdung?
Ausschlaggebend für eine Kündigung aufgrund höherer Gewalt ist die aktuelle Gefahrenlage. Ein Indiz für einen Fall der höheren Gewalt ist immer eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts, aber die ist nicht zwingende Voraussetzung.
Ich bin Individualurlauber und habe meine Reise selbst organisiert. Muss die Fluggesellschaft meinen Rückflug kostenlos umbuchen?
Solange die Flüge ordnungsgemäß stattfinden, muss die Fluggesellschaft ihre Flüge nicht kostenlos umbuchen. Reisende, die ihren Flug ins Krisengebiet Ägypten selbst gebucht haben, können nicht aufgrund höherer Gewalt kündigen – diese Möglichkeit hat nur der Pauschaltourist.
Welche Gebiete sind aktuell von Reisewarnungen betroffen?
Eine echte Reisewarnung gibt es derzeit nur für den Nordsinai und das ägyptische Grenzgebiet zu Israel. Erst wenn eine akute Gefahr für Leib und Leben besteht, gibt das Amt eine solche Warnung aus. Vor Reisen nach Ägypten rät das Auswärtige Amt allerdings derzeit generell ab.
Ich bin bereits in Ägypten. Muss mich der Reiseveranstalter jetzt kostenlos ausfliegen?
Wenn die Lage eskaliert und für Urlauber Gefahren bestehen, können Reiseveranstalter und Urlauber die Reise ebenfalls wegen höherer Gewalt kündigen. Ist der Rückflug im Reisevertrag inbegriffen, muss der Reiseveranstalter den vorzeitigen Rückflug organisieren. Fallen dabei Mehrkosten an, können diese zwischen dem Urlauber und dem Reiseveranstalter geteilt werden.
In welchen Fällen bekomme ich vom Reiseveranstalter Geld zurück?
Wird der Urlaub aufgrund höherer Gewalt gekündigt, muss der Reiseveranstalter den Reisepreis erstatten. Ist die Reise noch gar nicht angetreten, erstattet der Veranstalter den vollständigen Betrag zurück. Muss die Reise vorzeitig abgebrochen werden, kann der Reiseveranstalter für die bisherigen Leistungen eine Entschädigung fordern.
Worauf sollten Urlauber momentan in Ägypten besonders achten?
Das Auswärtige Amt empfiehlt Reisenden, Demonstrationen, wie sie aktuell in Kairo stattfinden, und Menschenansammlungen sowie religiöse Stätten großräumig zu meiden. Von nächtlichen Überlandfahrten ist grundsätzlich abzusehen, ebenso von Nilkreuzfahrten. Urlauber im Land sollten die Medienberichterstattung aufmerksam und regelmäßig im Hotel verfolgen und mit ihrem Reiseveranstalter am Urlaubsort Kontakt halten.
Reisewarnung
Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen, wenn „eine akute Gefahr für Leib und Leben“ besteht. Die Warnungen enthalten den „drin-genden Appell“, auf Reisen in ein Land oder eine bestimmte Region zu verzichten. Deutsche, die in dem Land leben, werden gegebenenfalls zur Ausreise aufgefordert. Reisewarnungen werden nur selten ausgesprochen. Häufiger sind allgemeine Reisehinweise, etwa über gesundheitliche Gefahren oder Besonderheiten im Strafrecht. Sicherheitshinweise machen auf besondere Risiken aufmerksam und können zum Beispiel empfehlen, auf „nicht unbedingt erforderliche“ Reisen zu verzichten. Auf der Liste der Länder mit einer Reisewarnung für ihr ganzes Gebiet, die das Auswärtige Amt ausgesprochen hat, stehen aktuell Jemen, Zentralafrikanische Republik, Syrien, Mali, Haiti, Irak, der Gaza-Streifen, Palästinensergebiete, Afghanistan, Libyen und Somalia. Für Ägypten gilt eine sogenannte Teilreisewarnung für den Nord-Sinai und das ägyptisch-israelische Grenzgebiet. Wegen der unübersichtlichen aktuellen Lage rät das Auswärtige Amt aber derzeit generell von Reisen nach Ägypten ab. „Dringend abgeraten“ wird von Fahrten nach Kairo, in die oberägyptischen Touristenzentren Luxor und Assuan, von Nilkreuzfahrten und von Fahrten in das Nildelta. Text: dpa