Es geht um viel Geld. 14 Milliarden Euro spült der Solidaritätszuschlag jedes Jahr in die Kassen des Bundes, den jeder Steuerzahler zusätzlich zu seiner Einkommensteuer zu bezahlen hat. 1991 führte ihn die damalige CDU/CSU/FDP-Regierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) ein, um die Kosten der Einheit sowie des ersten Irak-Kriegs zu finanzieren. Immer wieder wurde die Forderung erhoben, die Bürger durch die Abschaffung des Zuschlags zu entlasten – vergebens.
In fünf Jahren läuft der Soli aus. Doch die Chancen, dass 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer diese Sondersteuer endgültig abgeschafft wird, stehen schlecht. Der Bund will auf die Einnahmen nicht verzichten, die Länder, die ab 2020 die im Grundgesetz verankerte Schuldengrenze einhalten müssen, fordern einen Anteil am Aufkommen, um ihre chronisch leeren Kassen zu füllen.
Zwei Zukunftsszenarien deuten sich an, über die im Kreise der Finanzminister mittlerweile debattiert wird. Zum einen könnte der Soli in die normale Einkommensteuer integriert werden, die um den entsprechenden Satz steigt. Davon würden vor allem die Länder und die Kommunen profitieren, da sie über den geltenden Umverteilungsschlüssel an den Einnahmen beteiligt wären.
Zum anderen könnte man den Zuschlag in seiner bestehenden Form fortführen und ihn zweckgebunden für die Tilgung der Altschulden der Länder sowie möglicherweise auch der Kommunen benutzen.
Im Kreis der Länderfinanzminister zeichnet sich nach Informationen dieser Zeitung eine Mehrheit für einen derartigen Tilgungsfonds ab. Der Abbau der Schulden stelle eine „nationale Kraftanstrengung zur Einhaltung der Schuldengrenze“ dar, wird in dieser Runde argumentiert. Mit der klar definierten Zweckbindung und dem Auftrag, innerhalb einer vorgegebenen Frist den Schuldenberg abzutragen, sei die verfassungsrechtliche Grundlage für die Erhebung der Zusatzsteuer gegeben. Zudem wären gerade die Haushalts-Notlageländer wie das Saarland, Bremen, Schleswig-Holstein und Berlin mit einem Schlag ihre Altschulden los und hätten somit wieder mehr Luft zum Atmen. Umstritten ist, ob auch die Schulden der Kommunen in diesen Fonds eingebracht werden, vor allem die drei Stadtstaaten, aber auch Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen haben ein großes Interesse daran. Offen ist allerdings, ob der Bund dabei mitmacht – ihm würden ab 2020 mit einem Schlag 14 Milliarden fehlen.
Die Debatte über die Zukunft des Soli ist Teil der anstehenden komplexen Verhandlungen über die Neugestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. 2019 laufen der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt aus, ab 2020 gilt die Schuldenbremse, Bayern und Hessen klagen zudem vor dem Verfassungsgericht gegen den Länderfinanzausgleich. In diesem Herbst, spätestens im kommenden Jahr müssen die Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern beginnen, um noch in dieser Legislaturperiode zu Ergebnissen zu kommen. Die Ministerpräsidentenkonferenz beauftragte in ihrer Sitzung am Donnerstag die Finanzminister des Bundes und der Länder, bis Oktober erste Grundlagen zu erarbeiten. Ein Vorbild könnte aus Sicht der Länderfinanzminister der jetzt gefundene Kompromiss über die Bildungsmilliarden sein, wonach der Bund ab 2015 komplett das BAföG übernimmt und die Länder dadurch entlastet. Die rot-grün und grün-rot regierten Länder haben sich nach Informationen unserer Zeitung als Grundlage für die anstehenden Verhandlungen darauf verständigt, dass der Bund künftig für alle Sozialausgaben zuständig sein soll. „Das kann von den Ländern und den Kommunen nicht getragen werden, heißt es in diesem Kreise. Eine saubere Trennung sei nötig, um die Handlungsfähigkeit des Sozialstaates zu erhalten. So sollte der Bund das Wohngeld übernehmen, im Gegenzug könnten die Länder für den sozialen Wohnungsbau zuständig sein.
Spielt Wolfgang Schäuble dabei mit? Die sozialdemokratischen Finanzminister sind optimistisch. „Der Bund hat ein Interesse daran, dass die Länder die Schuldenbremse einhalten“, heißt es in ihren Reihen.