(dpa) In den japanischen Krisengebieten steigt nach den Havarien im Atomkraftwerk Fukushima die Strahlenbelastung in Lebensmitteln und Trinkwasser. Für vier Präfekturen verhängte die japanische Regierung am Montag ein Lieferverbot für Milch und mehrere Gemüsesorten. Ein komplettes Dorf in der Fukushima-Region darf derzeit kein Leitungswasser mehr trinken. Die Weltgesundheitsorganisation WHO ist über die radioaktive Belastung von Lebensmitteln „stark besorgt“, wie ein Sprecher in Genf sagte.
Das komplette Dorf Iitate in der Fukushima-Region ist jetzt ohne genießbares Trinkwasser. Messungen in der rund 30 Kilometer vom AKW Fukushima entfernten Gegend ergaben einen deutlich erhöhten Wert von 965 Becquerel Jod pro Liter Leitungswasser, wie die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf das japanische Gesundheitsministerium berichtete. Der Grenzwert liegt bei 300 Becquerel. Auf der Website des Dorfes hieß es, in der kommenden Woche solle es Strahlungstests für die komplette Bevölkerung geben.
Spuren von radioaktivem Jod
Spuren von radioaktivem Jod wurden laut Kyodo mittlerweile in dem Trinkwasser von neun Präfekturen gemessen, darunter Tokio. Cäsium wurde in zweien von ihnen festgestellt. Allerdings seien die Grenzwerte der Kommission für atomare Sicherheit bei allen diesen Proben unterschritten worden, hieß es.
Das Lieferverbot für Milch und Gemüse gilt für die vier Regionen Fukushima, Ibaraki und Tochigi (im Süden) und Gunma (im Südwesten), wie Regierungssprecher Yukio Edano sagte. Die Weltgesundheitsorganisation, die sich jetzt „stark besorgt“ zeigt, hatte die Strahlensituation noch in der vergangenen Woche als nicht besorgniserregend eingestuft. Man werde sich der Lage mehr und mehr bewusst, sagte der Sprecher auf dpa-Anfrage. „Die Dinge haben sich ganz sicher seit der vergangenen Woche bewegt.“ Wie ernst die Lage sei, müsse weiter untersucht werden.
Erhöhte Radioaktivität gibt es in Japan unter anderem bei Blattgemüse wie Spinat. Bei Hitachi – rund 100 Kilometer südlich des AKW Fukushima – wies Spinat einen Jod-131-Wert von 54 000 Becquerel und einen Cäsium-Wert von 1931 Becquerel je Kilogramm auf. Die Grenzwerte liegen in Japan bei 2000 Becquerel für Jod und bei 500 Becquerel für Cäsium. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt einen generellen Grenzwert von nur 100 Becquerel pro Kilo Spinat.
Belastetes Gemüse
Auch bei Milch aus der Umgebung von Fukushima wurde eine überhöhte Strahlenbelastung festgestellt. Der Norden der Präfektur Fukushima ist eine der wichtigsten Anbauregionen für Reis, Obst und Gemüse in Japan und wird auch für Milchwirtschaft genutzt.
An dem mehr als 150 Kilometer langen Küstenstreifen wird intensiv gefischt. Landwirtschaft ist nach Angaben auf der Website der Lokalregierung der wichtigste Wirtschaftszweig in der Provinz.