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Salzburger Schlossspiele

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Salzburger Schlossspiele

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    Salzburger Schlossspiele
    Salzburger Schlossspiele

    Sinnlich sollte es sein, eine Handbreit über dem Boden schwebend: Max Reinhardt hat das Theaterspiel revolutioniert, echte Bäume auf die Bretter gestellt, die Fassade des Doms und das Innere der Kollegienkirche in Salzburg als Kulisse eingesetzt. Der 1873 in Baden bei Wien geborene Impresario lebte für das Theater – und auch im Theater. Als er 1920 die Salzburger Festspiele mitbegründete, hatte er seinen persönlichen Schauplatz bereits gefunden: Schloss Leopoldskron im Süden Salzburgs. Die Ansicht des idyllisch am gleichnamigen Weiher gelegenen Refugiums wirkt noch heute wie künstlich in die Landschaft projiziert – fast zu schön, um wahr zu sein.

    Er betrachtete die ganze Welt als seine Bühne. „Schloss Leopoldskron war die Inszenierung, auf die Reinhardt am meisten stolz war“, verriet seine Witwe, die Schauspielerin Helene Thimig, in ihren Erinnerungen („Wie Max Reinhardt lebte“). Der von 1727 bis 1744 erbaute Familiensitz von Erzbischof Fimian war sein Zauberreich, und der von ihm gestaltete Schlosspark mit Blick auf den mythischen Untersberg der perfekte Ort für seinen Sommernachtstraum.

    Er währte nur 20 Jahre. Wie 1933 in Berlin, griffen auch 1938 nach dem „Anschluss“ Österreichs die Nationalsozialisten mit gierigen Fingern zu, enteigneten Reinhardt, nisteten sich in seine Schöpfung ein – beließen das meiste jedoch so, wie es der jüdische Theaterprinzipal schuf. Nur das von ihm wegen des morbiden Eindrucks so sehr geliebte Moos auf den Steinfiguren im Schlosspark wurde entfernt. Helene Thimig meinte in ihren Erinnerungen dazu sarkastisch, dass diese Schlamperei die Deutschen nicht durchgehen lassen konnten.

    Der Herr der Prachtbauten

    Wie zu Reinhardts Zeiten sind im Schloss Leopoldskron Gäste willkommen. Seit 1947 trifft sich dort das von Harvard-Studenten gegründete und von Helene Thimig unterstützte internationale Projekt „Salzburg Global Seminar“ zu Vorträgen und Diskussionen über eine bessere Zukunft. Der deutsche Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt gehörte zu den Referenten wie auch der US-Schriftsteller Saul Bellow.

    Seit kurzem sind Suiten im Schloss und Zimmer im dazugehörigen Meierhof nebenan für Hotelgäste reserviert. Sie können dort Tag und Nacht auf den Spuren Reinhardts wandeln. Zum Konzept von Hoteldirektor Daniel Szelényi gehören offene Repräsentationsräume. Wer die Nacht zum Tag machen möchte, setzt sich in die Bibliothek und stellt sich vor, wie Reinhardt dort mit seinen vielen illustren Gästen aus aller Welt meist bis in die Morgenstunden hinein plauderte. Oder er geht in den imposanten Marmorsaal, in dem der Regisseur 1923 – als die Salzburger Festspiele ausfielen – als Ersatz Molieres „Der eingebildete Kranke“ für ein geladenes Publikum in Szene setzte.

    Max Reinhardt suchte sich zeitlebens Wohnungen in Prachtbauten. In seiner Berliner Zeit als Direktor des Deutschen Theaters residierte er unter anderen in einem Nebengebäude von Schloss Bellevue. Auch ins Wiener Schloss Schönbrunn wollte er einziehen – was ihm jedoch verwehrt wurde. In Schloss Leopoldskron verbrachte der sonst ruhe- und rastlose Reinhardt die Festspielwochen und feierte einige Male Weihnachten. Das ganze Jahr aber plante er die Ausgestaltung. Gusti Adler, die über viele Jahre mehr war als seine Privatsekretärin, hatte ihre liebe Not, alle seine Anweisungen umzusetzen und seine vielen Kaufwünsche zu erfüllen. „Die Inszenierung wuchs wie eine Pflanze und trieb bis zuletzt immer neue Blüten“, schrieb sie in ihren Erinnerungen mit dem Titel „. . . aber vergessen Sie nicht die chinesischen Nachtigallen“.

    Wer durch das Schloss wandelt, vermutet nicht, dass das Gebäude in sehr schlechtem Zustand war, als Max Reinhardt es im April 1918 übernahm. Die vielen Vorbesitzer, neben den Erben Erzbischofs Firmians auch zwei ehemalige Oberkellner aus dem baden-württembergischen Weinsberg, Bayern-König Ludwig I. oder ein Onkel von Österreichs Künstlermuse Alma Mahler-Werfel, hatten entweder kein Interesse, zum Teil aber auch viel investiert, sich übernommen und nach und nach alles wieder verkauft. Womöglich war dies dem Ausnahmeregisseur ganz recht. Nichts störte seine grenzenlosen Vorstellungen – nur die finanziellen Engpässe konnten ihn stoppen. Die äußere, 1760 im klassizistischen Stil veränderte Fassade war vorhanden. Das Innere entstand nach Reinhardts „Regieanweisungen“: ein Meisterwerk.

    Das von ihm nachempfundene spätbarocke Arrangement mit originalen Bestandteilen aus erzbischöflicher Zeit wirkt täuschend echt. Jede freie Stunde, die ihm sein rastloses Leben ließ, sei für die Gestaltung dieses festlichen Hauses genutzt worden, schreibt Helene Thimig. „Wir haben Tage und Nächte damit verbracht, Bilder durch das gesamte Schloss zu tragen, bis wir den richtigen Platz dafür fanden.“

    Wunderschöner Schein

    Es waren jedoch nicht nur Bilder, die Reinhardt gezielt auswählte. Die Einrichtung des Venezianischen Zimmers soll aus einem deutschen Schloss stammen. Seine Möbelentwürfe ließ er von Salzburger Handwerkern fertigen. Dazu mussten alte Spiegel mit fleckiger Patina auf dem Silbergrund gefunden werden, ebenso die Wandverkleidung fürs „Chinesische Zimmer“, auch Stehlampen, Lüster, Teppiche und allerlei vergoldeter, geschwungener und verschnörkelter Schnickschnack. Alles war und ist noch perfekt inszenierter wunderschöner Schein.

    Zum Inventar des Schlosses gehört auch die Freudenhaus-Madonna, erzählt Hoteldirektor Daniel Szelényi. Die barocke Figur hat Reinhardt an der Fassade eines heruntergekommenen Hauses in Wien gesehen. Er wusste jedoch nicht, dass es sich um ein Etablissement mit zweifelhaftem Ruf handelte. Er bekam die Madonna und erzählte die Geschichte gerne am Kamin, über dem er die Madonna anbringen ließ. Sie hängt bis heute im Schloss.

    Herzstück des Reinhardtschen Kulissenzaubers ist die Bibliothek. Für dieses Gesamtkunstwerk hat er Wände einreißen lassen und auch dort jedes Detail selbst entworfen. Vorbild war die Klosterbibliothek von St. Gallen in der Schweiz. Sie war die aufwendigste seiner Inszenierungen. Sogar einen Geheimgang ließ Max Reinhardt einbauen: eine Wendeltreppe, die zur Galerie und zu den Räumen im zweiten Geschoss führt.

    Als Max Reinhardt und Helene Thimig Österreich unfreiwillig verlassen mussten, ahnte er, dass er sein Schloss nicht mehr sehen würde. Er gab seiner Frau kurz vor seinem Tod im US-amerikanischen Exil – gleich einer Regieanweisung – genaue Anleitungen, wie sie es wiedererlangen könnte. Der große, zuletzt glücklose Theatermann starb am 31. Oktober 1943 in New York. „Ich habe es gehabt“, soll er resigniert wie trotzig gesagt haben, als er erfuhr, dass er wieder einmal von den Nazis beraubt worden war.

    Tipps zum Trip

    Zum Barock in Salzburg gehört seit kurzem ein 1300 Meter langer Rundgang durchs „DomQuartier“. Erstmals nach 200 Jahren stehen alle Durchgänge wieder offen. Der Weg führt durch die Prunkräume der Residenz zur Residenzgalerie, anschließend über die Dombogenterrasse ins nördliche Oratorium zur Orgelempore und ins Dommuseum. Weiter geht's in die Kunst- und Wunderkammer und anschließend über die Lange Galerie ins Museum der Erzabtei St. Peter. Der Rundgang ermöglicht auch einen Blick ins Innere der Franziskanerkirche. Zu sehen gibt es allerdings nicht nur viel Barockes, sondern 1300 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte: im Juli und August täglich, sonst von Mittwoch bis Montag von 10 bis 17 Uhr. Information im Internet:

    www.domquartier.at

    Mit fünf Opern-Neuinszenierungen warten die Salzburger Festspiele auf, die am Freitag begonnen haben. Bis zum 31. August werden an 14 Spielorten 270 Veranstaltungen angeboten, etwa der „Rosenkavalier“ von Richard Strauss, der zusammen mit Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal die Festspiele ins Leben gerufen hat. Natürlich steht auch der „Jedermann“ wieder auf dem Programm, mit dem die ersten Festspiele 1920 eröffnet wurden. Info im Internet: www.salzburgerfestspiele.at

    Ein Festspiel für den Gaumen bieten die Haubenlokale Österreichs, etwa das Restaurant „Pfefferschiff“ in Hallwang bei Salzburg: www.pfefferschiff.at

    Schloss Leopoldskron war nicht nur die Privatbühne von Max Reinhardt. Dort wurden 1964 auch Szenen des Hollywoodfilms „The Sound of Music“ über die Trapp-Familie gedreht. Info zum Hotel: www.schloss-leopoldskron.com

    Hotelangebote, SalzburgCard und weitere Reisetipps gibt es bei der Salzburg Information: Tel. 00 43/662/ 88 98 70, Internet: www.salzburg.info

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