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Königshofen/Gerchsheim: Aiperia und die Künstliche Intelligenz am Brotregal: Wie die Firma hilft, dass Bäckereien nicht so viel wegwerfen

Königshofen/Gerchsheim

Aiperia und die Künstliche Intelligenz am Brotregal: Wie die Firma hilft, dass Bäckereien nicht so viel wegwerfen

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    Künstliche Intelligenz in der Backstube: Großbäcker Tilmann Weber (links) nutzt die Software von Aiperia-Gründer Franz Seubert, um die Produktion zielgenauer zu machen.
    Künstliche Intelligenz in der Backstube: Großbäcker Tilmann Weber (links) nutzt die Software von Aiperia-Gründer Franz Seubert, um die Produktion zielgenauer zu machen. Foto: Thomas Obermeier

    Volle Brotregale bis Ladenschluss: Was die Kundschaft freut, ist aus anderer Sicht ein Unding. Zumindest, wenn die überschüssige Ware am Ende des Tages weggeworfen wird. Ein kleines Unternehmen aus dem Raum Würzburg geht mit Künstlicher Intelligenz (KI) gegen diese Lebensmittelverschwendung vor – und sorgt gleichzeitig in den Bäckereien für Profit.

    Der Grundgedanke der Aiperia GmbH aus Gerchsheim im Main-Tauber-Kreis klingt simpel: Wenn eine Bäckerei ihre Produktion genauer auf die Nachfrage einstellen kann, hat das positive Effekte. Volle Brötchenregale, wenn viele Kunden im Laden sind. Leere Regale, wenn niemand mehr einkauft. Plus mehr Erlös für die Bäckereien, weil viele Backwaren da sind, wenn im Laden viel los ist.

    In der Großbäckerei Weber in Königshofen (Main-Tauber-Kreis) ist die Künstliche Intelligenz von Aiperia seit 2021 im Einsatz. Mit dieser Software die Lebensmittelverschwendung zu drosseln und gleichzeitig den Erlös zu steigern, "das haben wir geschafft", bilanziert Geschäftsleiter Tilmann Weber.

    Vor der KI habe sein Betrieb mit Backwaren in Supermärkten wie Rewe oder Diska 11.000 Euro Umsatz am Tag gemacht. Jetzt seien es 16.000 Euro, sagt Weber. Die Retourenquote, also der Anteil an überschüssiger Ware, sei von 30 auf etwa 25 Prozent gesunken.

    Was Bäckerei-Chef Weber an seinem Laptop steuern kann 

    Der 32-jährige Bäckerei-Chef überwacht die Zahlen vom Laptop aus. Durch die KI von Aiperia kann er sich jede Menge Daten anzeigen lassen. Zum Beispiel: Wie viele Brötchen er in welchem Supermarkt wann verkauft hat und wie die Zahlen in den kommenden Tagen wohl aussehen werden. Weber erkennt am Laptop auch, wie jeweils die Retourenquote ausfällt.

    "Die Planung von Backwaren ist super-volatil", sagt Aiperia-Geschäftsführer Franz Seubert. Umso wichtiger sei es, die ständigen Schwankungen mithilfe präziser Vorhersagen abzufangen. Der 31-Jährige weiß, wovon er spricht: Er wuchs in Gerchsheim quasi im Lebensmittelladen auf, den seine Familie dort bis heute betreibt.

    Im Zuge seiner Masterarbeit am Lehrstuhl für BWL und Wirtschaftsinformatik an der Uni Würzburg stieß Seubert 2020 auf die Bäckerei Weber in Königshofen. Dort nahm er die Datenströme unter die Lupe und kam zu der Erkenntnis: Zielgenauer backen, das geht besser. Aus seinen Untersuchungen wurde die "BäckerAI", also Künstliche Intelligenz für Produzenten.

    Bislang sei die KI an rund 40 Bäckereien und bis Österreich verkauft worden, sagt Seubert. Aiperia hat mittlerweile 60 Beschäftigte, der Jahresumsatz habe sich zwischen 2022 und 2023 auf knapp eine Million Euro versechsfacht. Wohl auch deshalb sind Investoren aufmerksam geworden: In diesem April steckten sie 7,5 Millionen Euro an Kapital in das junge Unternehmen.

    Welche Dimension Lebensmittelverschwendung hat

    Künstliche Intelligenz gegen Lebensmittelverschwendung – dahinter steckt großes Potenzial. Der internationalen Umweltschutzorganisation WWF zufolge landen in Deutschland pro Jahr 1,7 Millionen Tonnen Brot und andere Backwaren auf dem Müll. Viel kommt aus Haushalten, viel aber auch aus den Geschäften.

    Und in der Großbäckerei Weber? Was aus den 45 belieferten Supermärkten und rund 30 eigenen Filialen als Retouren zurückkommt, werde entweder an Tafeln in der Region gegeben oder zum Beispiel zu Semmelbrösel verarbeitet, sagt Geschäftsleiter Weber. Einen Teil der übriggebliebenen Backwaren biete man zudem über die Aktion "Too good to go" zum ermäßigten Preis für Selbstabholer an.

    Mit der Software von Aiperia passt die Großbäckerei die Produktion an die Nachfrage an: Aiperia-Gründer Franz Seubert (links) und Bäckerei-Geschäftsführer Tilmann Weber in der Backstube in Königshofen.
    Mit der Software von Aiperia passt die Großbäckerei die Produktion an die Nachfrage an: Aiperia-Gründer Franz Seubert (links) und Bäckerei-Geschäftsführer Tilmann Weber in der Backstube in Königshofen. Foto: Thomas Obermeier

    Schon angesichts der Container mit viel überschüssiger Backware in der Produktionshalle liege ihm viel daran, das Angebot in den Brotregalen noch besser an die tatsächliche tägliche Nachfrage anzupassen, sagt Weber. Die KI von Aiperia sei dabei eine große Hilfe geworden.

    KI für Backwaren: Produktion für die Supermärkte wird permanent angepasst

    Die Großbäckerei hat Filialen und Kunden von Königshofen über den Raum Würzburg bis Euerdorf (Lkr. Bad Kissingen) und Gemünden (Lkr. Main-Spessart). 400 Menschen arbeiten für das fast 150 Jahre alte Familienunternehmen, der Jahresumsatz lag nach Firmenangaben zuletzt bei 13 Millionen Euro. Die Software setzt Weber bislang für die Produktion der Backwaren ein, die an die Supermärkte gehen. Für die gut 30 eigenen Filialen "noch nicht", sagt der Geschäftsleiter. Aber das sei geplant. 

    Auch wenn das Vermeiden von Retouren im Fokus von Aiperia steht, schränkt Firmenchef Seubert ein: Die Überproduktion und damit Lebensmittelverschwendung auf null zu fahren, sei bei der branchenüblichen Massenproduktion für den Einzelhandel "nicht möglich". Deshalb sei das auch gar nicht das vorrangige Ziel der Aiperia-KI. Vielmehr gehe es um "ein besseres Gleichgewicht" zwischen verfügbarer Ware und Nachfrage.

    Künstliche Intelligenz aus  Würzburg Durch ChatGPT ist Künstliche Intelligenz (KI) seit zwei Jahren zum Dauerthema geworden. Doch KI gibt es bereits wesentlich länger. In Mainfranken machten mehrere Unternehmen schon mit entsprechenden Angeboten auf sich aufmerksam. Scoutbee in Würzburg beispielsweise bietet seit 2015 KI-Software an, mit der Betriebe weltweit günstige Lieferanten finden können. Die Greenspin GmbH in Würzburg macht seit mehreren Jahren digitale Analysen von Getreideernten auf der ganzen Welt. Und das Würzburger Unternehmen WeSortAI trägt dazu bei, dass Elektro-Akkus besser aus dem Abfall sortiert werden. Künstliche Intelligenz bedeutet, dass Computerprogramme anhand von Unmengen eingespeicherter Daten eigenständige Entscheidungen treffen können, die dem logischen Denken von Menschen ähneln. Ständig kommen neue Daten hinzu, sodass die KI "lernt". Bekannte Anwendungen von KI sind Sprachprogramme wie Alexa oder Siri, autonomes Fahren oder Internet-Suchmaschinen. aug

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