Manche Medien vergleichen den Fall bereits mit dem bisher größten Betrugsfall der Wirtschaftsgeschichte um den früheren Star-Investor Bernard Madoff in New York. Der war zu 150 Jahren Haft verurteilt worden, nachdem er Anleger um bis zu 65 Milliarden Dollar geprellt hatte.
Der Fall Kiener ist zwei Nummern kleiner. Dennoch waren die Ermittlungen am Freitag bei einem hochrangig besetzten Festakt der bayerischen Justiz in der Würzburger Residenz zur Amtseinführung Geuders das beherrschende Thema. Die Würzburger Ermittlungsbehörde ist Schwerpunktstaatsanwaltschaft für schwierige Wirtschaftsdelikte in Unterfranken.
Hier kommen Sie zur Vorgeschichte und einem Lebenslauf Kieners
Geuder führte bisher die Abteilung, die mit Ermittlungen gegen namhafte Wirtschaftskriminelle von der BFI-Bank bis zu dubiosen Anlügeberatern" der Geldanlage-Branche immer wieder Schlagzeilen machte – freilich nicht in der Dimension wie jetzt im Fall des Aschaffenburger Hedgefonds-Gründers Kiener. Nach Angaben der „Times“ ermittelt gegen Kiener auch das US-amerikanische FBI wegen des Verdachts von Insidergeschäften. Dabei sollen auch in Philadelphia zwei Deutsche festgenommen worden sein, nachdem Kiener bereits am Mittwoch in seiner Heimatstadt wegen Fluchtgefahr festgenommen worden war. Ihm wird laut Handelsblatt vorgeworfen, die Barclays Bank dazu gebracht haben, Schuldverschreibungen zu emittieren und das Geld über ein verschachteltes System von Fonds, Unterfonds und Beteiligungsgesellschaft auf den Cayman Inseln, in der Schweiz und im US-Bundesstaat Delaware verschoben haben.
Offiziell floss das Geld aus den von Barclays gegründeten Treuhandfonds zum Investmentmanager der Firma X1 Fund Allocation GmbH, das aber wiederum war kein anderer als Kiener. Er kaufte für das Geld Fondsanteile an diversen Fonds mit so exotischen Namen wie Nauticus und Silverback. Investmentmanager des Silverbacks war in letzter Instanz aber wiederum Kiener über seinen Vermögensverwalter Oceanus Asset Management, so die Vorwürfe.
Letztlich floss das Kapital – mindestens 100 Millionen Dollar – an die von Kiener gegründeten Hedge-Fonds "K1 Invest" und "K1 Global" mit Sitz auf den britischen Jungferninseln. Weitere Millionen finanzierten Flugzeuge und Hubschrauber und nicht zuletzt zwei Immobilien in Miami, die Kiener selber nutzte zur Pflege seines luxuriösen Lebensstils.
Ein zweiter Fonds-Manager von K1, der ebenfalls Gegenstand der Ermittlungen ist, befindet sich noch auf freiem Fuß. Kiener, der von manchen Medien als Milliardär bezeichnet wird und bereits durch eine Privataudienz bei Papst Benedikt von sich Reden gemacht hatte, verdiente sein Geld nach Angaben des Wirtschaftsdienstes Bloomberg bis 2000 mit dem Verkauf von Anzeigen in Telefonbüchern, während er seit 1995 parallel sein Finanzimperium aufbaute.
Das Unternehmen brüstete sich damit, von 1996 bis zum Juni dieses Jahres 825 Prozent an Performance erzielt zu haben – während der Standard & Poor's-500-Index im gleichen Zeitraum nur 49 Prozent zugelegt habe. Englische Zeitungen berichten, dass laut Haftbefehl die Bank Barclays zwischen 2006 und 2009 dem Kiener-Fonds „K1 Global Sub Trust“ 220 Millionen Dollar überlassen habe – Geld, das nach derzeitigem Kenntnisstand größtenteils verloren sei. Das französische Institut BNP Paribas habe zwischen April 2007 und Juni 2008 insgesamt etwa 60 Millionen Dollar investiert.
Für die deutsche Finanzaufsicht war Kieners K1-Group kein unbeschriebenes Blatt. 2001 habe sie Kiener vorgeworfen, unerlaubt eine Finanzportfolio-Verwaltung geführt zu haben – und seitdem versucht, den K1-Gründer daran zu hindern, Geld bei deutschen Investoren einzutreiben. „Zeitweise fungierte er nicht als Fondsmanager, sondern nur noch als Berater. Zudem legten der K1 Group nahestehende Firmen Investmentvehikel auf, welche die Strategie abbildeten, darunter ein Indexzertifikat, einen Genussschein, ein Garantiezertifikat und Fondspolicen,“ weiß die Financial Times Deutschland.
Seit der Bafin-Rüge habe Kiener in Deutschland viel Vertrauen verspielt gehabt, heißt es in Finanzkreisen. Doch offenbar hätten in London und Paris dagegen offenbar alle Kontrollmaßnahmen versagt, „denn schon eine simple Internetrecherche hätte ergeben, dass Kiener diese Auseinandersetzung mit der Bafin hatte. Das reicht normalerweise, um draußen zu sein aus dem Geschäft,“ zitiert beispielsweise die Süddeutsche Zeitung einen Experten.