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Würzburg: Bethmann bringt Bankenlandschaft in Mainfranken in Bewegung

Würzburg

Bethmann bringt Bankenlandschaft in Mainfranken in Bewegung

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    Unscheinbares Schild, schmuckloses Gebäude: Seit einem halben Jahr befindet sich die von Matthias Stumpf (rechts) und Manfred Richtarsky geleitete Filiale der Bethmann Bank im Würzburger Stadtteil Hubland. Das auf Reiche ausgerichtete Geldhaus hat die Konkurrenzsituation in der regionalen Bankenlandschaft verschärft.
    Unscheinbares Schild, schmuckloses Gebäude: Seit einem halben Jahr befindet sich die von Matthias Stumpf (rechts) und Manfred Richtarsky geleitete Filiale der Bethmann Bank im Würzburger Stadtteil Hubland. Das auf Reiche ausgerichtete Geldhaus hat die Konkurrenzsituation in der regionalen Bankenlandschaft verschärft. Foto: Patty Varasano

    Eine Bank für Millionäre kommt nach Mainfranken: Diese ungewöhnliche Meldung machte im Juli 2019 die Runde. Mittlerweile hat sich die Frankfurter Bethmann Bank im Würzburger Stadtteil Hubland eingerichtet. Was im Januar geräuschlos ablief, schlägt Wellen in der regionalen Bankenlandschaft.

    Und die steht mitten in einem heftigen Sturm, wie gerade die am Donnerstag von der Sparkasse Mainfranken überraschend angekündigte Schließung von nahezu 30 Filialen gezeigt hat. Die Geldhäuser stehen in Zeiten von Niedrigzins, Kostendruck und Corona massiv unter Druck.

    Freilich sind Sparkasse und Bethmann nur begrenzt vergleichbar. Während die einen traditionell auf Präsenz in der Fläche und auf die breite Bevölkerung setzen, ist die zur niederländischen Großbank ABN Amro gehörende Bethmann Bank nicht auf Laufkundschaft, sondern allein auf Vermögende aus.

    Danach sieht es im neuen Bethmann-Domizil in Würzburg allerdings nicht aus. Tür an Tür mit jungen IT-Firmen hat Niederlassungsleiter Matthias Stumpf mit seinem Team Büroräume in einem modernen, aber schmucklosen Zweckbau bezogen. Schalter und Kontoauszugsdrucker sucht man hier vergeblich.

    Bethmann und Castell: Was dabei brisant ist

    Sieben Mitarbeiter sind in dem Großraumbüro mit Vermögensverwaltung und -beratung beschäftigt. Das Besondere: Sechs dieser Mitarbeiter sind vor Monaten auf einen Schlag von der Castell-Bank gekommen.

    Stumpf ist einer davon. 23 Jahre lang war er bei Castell gewesen. Ausgerechnet Castell: Die Privatbank mit fast 250 Jahren Geschichte gilt mit ihrer auf Risikovermeidung und konservativ ausgerichteten Anlageberatung als der Konkurrent schlechthin für Bethmann. 

    Wie die anderen Banken auf Bethmann reagieren

    Und so ist Stumpf im Gespräch bemüht, die Gründe für seinen Wechsel diplomatisch zu verpacken: Es sei die größere Bandbreite und die Betonung auf nachhaltige Anlageempfehlung gewesen, die ihn zum Jahreswechsel zu Bethmann gezogen habe. Für das Hubland – und eben nicht für ein vorzeigbareres Domizil etwa in der Altstadt von Würzburg – habe man sich vor allem wegen der besseren Verkehrsanbindung entschieden, so Stumpf.

    Nun ist Bethmann in Mainfranken angekommen – und hat dort einen Pflock in die Landschaft der Geldverwalter gesetzt. Die anderen Häuser geben sich derweil betont gelassen. "Über die Jahrhunderte unseres Bestehens hat es schon immer Mitbewerber gegeben", antwortet Castell-Sprecher Harald Dürr auf Anfrage der Redaktion. In keiner Zeile erwähnt er den Namen Bethmann, lässt aber einen Seitenhieb durchblicken: "Wir sind konzernunabhängig (. . .) und bestimmen somit eigenständig unsere Geschäftspolitik."

    Castell legte vor wenigen Tagen stabile Geschäftszahlen vor, wenngleich die Bank mit adligem Flair im vergangenen Jahr durch spektakuläre Abgänge hochrangiger Mitarbeiter in die Schlagzeilen geraten war. Unter anderem verließ Vorstandsvorsitzender Sebastian Klein überraschend das Geldhaus mit Sitz in Castell (Lkr. Kitzingen) und Zentrale in Würzburg.

    Auch die private Flessabank in Schweinfurt bleibt bei der Reaktion auf Bethmann an der Oberfläche: "Wir äußern uns in den Medien grundsätzlich nicht zu Mitbewerbern aus der Branche", hieß es am Donnerstag.

    Die ebenfalls mit einer Vermögensberatung für Wohlhabende ausgestattete Commerzbank Nordbayern nimmt es offenbar sportlicher: "Neue Mitbewerber sehen wir als Herausforderung an", ließ Niederlassungsleiter Stefan Hecht in Würzburg wissen. Und die Sparkasse Mainfranken hat nach den Worten von Sprecher Stefan Hebig beim Private Banking "sehr stabile Kundenbeziehungen", weshalb man Bethmann gelassen sehe.

    Wie ein Bankenexperte die Lage einschätzt

    Dass Bethmann die mainfränkische Bankenwelt beeinflusst, davon geht Harald Bolsinger von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt aus. Der Professor beschäftigt sich seit Jahren mit den regionalen Banken. Bolsinger meint, dass sich vor allem "regional aufgestellte Privatbanken" mit wenig Potenz bei nachhaltiger Geldanlage nun warm anziehen müssen. Denn das Thema Nachhaltigkeit baue Bethmann "intensiv aus".

    Aber warum ausgerechnet Mainfranken, hat sich Bethmann doch bislang nur in Ballungszentren wie Berlin, Hamburg oder München breitgemacht? Bolsinger vermutet, dass die Bank "das hohe Pro-Kopf-Einkommen in Schweinfurt und die dort sehr erfolgreiche Flessabank im Blick hat".

    Das klingt nach Kampfansage, die Bethmann-Vertriebsvorstand Nicolas von Loeper aber verneint. Mainfranken sei schlicht und einfach "eine interessante Region". Die neue Niederlassung in Würzburg sei "kein Angriff gegen eine andere Bank". Freilich sei Bethmann grundsätzlich "auf der Suche, organisch und anorganisch zu wachsen". In Mainfranken habe man aber keine Bank im Visier.

    Auf was Bethmann scharf ist

    Sein Kollege Manfred Richtarsky von der auch für Würzburg zuständigen Niederlassung in Nürnberg gibt indes die Richtung vor: "Wir fokussieren uns stark auf den Mittelstand." Der ist in Mainfranken zahlreich vertreten – ebenso wie Stiftungen. Diese meist mit viel Geld ausgestatteten Institutionen seien für Bethmann ebenfalls hochinteressant, betonen Richtarsky, Stumpf und von Loeper unisono.

    Hier hat Bethmann eine Schnittmenge mit der Schweizer Privatbank Julius Bär, die seit zehn Jahren eine Niederlassung in Würzburg hat. Auch dort ist die Reaktion auf den neuen Konkurrenten verhalten: Julius Bär stehe in der Region auf einer festen Basis und habe seine Marktanteile ausgebaut, schreibt Sprecherin Lina Kowall auf Anfrage.

    Trotz solch breiter Schultern der Privatbanken sieht Experte Bolsinger einen nicht zuletzt durch die Bethmann-Präsenz gewachsenen Wettbewerbsdruck in Mainfranken, von dem die Kunden profitieren könnten. Wer mit Neukunden wachsen wolle, erzeuge bei den Konkurrenten den Reflex, die eigene Stammkundschaft zu halten. Und das wiederum "erfordert in allen Häusern eine eigene Strategie, die man ansonsten vielleicht gar nicht auf der Agenda gehabt hätte".

    Banken in der RegionDrei Säulen: Wie im Rest von Deutschland gibt es auch in Mainfranken drei Typen von Banken. Zu diesem Drei-Säulen-Modell der deutschen Bankenlandschaft gehören Privatbanken wie Commerz- oder HypoVereinsbank, Genossenschaftsbanken wie Volks- und Raiffeisenbanken oder die Sparda-Bank sowie öffentlich-rechtliche Institute, worunter vor allem die Sparkassen fallen. Sie werden nicht als Banken bezeichnet, da sie Anstalten des öffentlichen Rechts in kommunaler Trägerschaft sind.Die Bethmann Bank mit Sitz in Frankfurt wurde nach eigenen Angaben vor 272 Jahren gegründet und gilt in Deutschland als drittgrößte Bank für private Vermögensverwaltung. War sie einst Geldgeberin für Fürstenhäuser und den Bau des Eiffelturms in Paris, gehört sie nach mehreren Eigentümerwechseln seit 2004 zur niederländischen Großbank ABN Amro. Bethmann hat insgesamt gut 500 Mitarbeiter an 13 Standorten in Deutschland, darunter Würzburg. Zielgruppe sind Kunden mit großem Vermögen. Eine Einstiegsgröße gebe es nicht, betonen die Frankfurter. Bethmann hat keine eigenen Anlageprodukte, sondern vermittelt gegen Provision die anderer Anbieter. Wie viele der insgesamt 13 000 Kunden die Filiale in Würzburg betreut, teilte Bethmann auf Anfrage nicht mit.aug

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