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BRÜSSEL: Brüssel will die Ratingagenturen bremsen

BRÜSSEL

Brüssel will die Ratingagenturen bremsen

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    AAA als Zeichen für höchste Bonität: Die EU will die Arbeit der Ratingagenturen stärker kontrollieren.
    AAA als Zeichen für höchste Bonität: Die EU will die Arbeit der Ratingagenturen stärker kontrollieren. Foto: Foto: dpa

    Immer wieder hat sich die EU über die zweifelhaften Abwertungen der US-Ratingagenturen geärgert. Damit soll jetzt Schluss sein. Am Mittwoch billigte das Europäische Parlament die neuen Verhaltensregeln für Bonitätsprüfer, die nur ein Ziel haben: Die Macht der drei großen US-Agenturen Standard & Poor's, Fitch und Moody's soll endlich gebrochen werden.

    „Wir wissen doch alle, dass die Ratinghäuser erheblich zur Krise beigetragen haben“, begründete Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier noch einmal das strikte Vorgehen der EU gegen die Gutachter. Die dürfen ihre Noten für die Zahlungskräftigkeit von Staaten künftig nur noch an drei Terminen im Jahr und dann außerhalb der Börsenzeiten vorlegen. Abweichungen müssen von der Europäischen Börsenaufsicht ESMA in London genehmigt werden.

    Bei leichtfertigen oder unrichtigen Expertisen haften die Autoren für ihre Einordnungen. Außerdem müssen Bewertungen alle sechs (bisher zwölf) Monate wiederholt werden, um auch aktuelle Entwicklungen widerzuspiegeln.

    Was die Bonitätsprüfer aber vor allem treffen dürfte, ist die Quasi-Anweisung an die Finanzwirtschaft, künftig nicht mehr nur auf die Bewertungen der Ratingagenturen zu setzen, sondern eigene Erkenntnisse einzuholen. „Damit stellen wir sicher, dass die Auf- und Abwertungen die Bedeutung bekommen, die sie haben: Es handelt sich um private Urteile – ohne Anspruch auf Objektivität“, betonte Barnier vor den europäischen Volksvertretern in Straßburg.

    Noch bevor die amerikanischen, aber auch die europäischen Gutachter ihre Bewertungen abgeben, sollen sie ihre Methoden und Kriterien der ESMA zur Prüfung vorlegen. Außerdem müssen die oft undurchsichtigen Besitzstrukturen transparenter gemacht werden. Mit höchstens fünf Prozent darf eine Agentur an einer anderen beteiligt sein.

    Finanzexperten zeigten sich gestern skeptisch, ob die Neuerungen, die nach der Verabschiedung durch die zuständigen Minister der EU-Mitgliedsstaaten im März oder April in Kraft treten, wirklich einen Durchbruch bringen. Absichtlich falsche oder grob fahrlässige Benotungen seien auch jetzt schon strafbar, sagen Branchenkenner. Und die drei Stichtage für Veröffentlichungen könnten leicht zu „Hexentagen“ werden, Daten also, an dem die Spekulation an den Märkten schon vorher massiv einsetzt.

    Nach der Brüsseler Kommission hat sich nun auch eine zweite EU-Institution für die baldige Einführung von Eurobonds ausgesprochen. Gegen zum Teil massive Kritik deutscher und französischer Abgeordneter votierte das Plenum in Straßburg am Mittwoch für gemeinsame Stabilitätsanleihen für die Eurozone. Dies sei „genauso bedeutend wie die Einführung der gemeinsamen Währung“, heißt es in der Entschließung. Es sei darüber hinaus notwendig, einen „Fahrplan auszuarbeiten, um schnell den Weg zu einer Steuerunion“ zu gehen, die die Wirtschafts- und Währungsunion stützen müsse. Außerdem solle sich der Kreis der Staats- und Regierungschefs „mit der Ausgabe kurzfristiger Anleihen in Form von Eurobills“ beschäftigen. Die Kommission wird weiter aufgefordert, möglichst bald „Beitritts- und Austrittskriterien zu definieren, die auf strikter Haushaltsführung und Etatdisziplin beruhen“.

    Formell gesehen handelt es sich bei dem Papier zwar nur um eine unverbindliche Entschließung, also eine Art Appell an die Kommission sowie den Europäischen Rat (EU-Gipfel), das Thema aufzugreifen. Dennoch ist es beachtlich, dass eine solche Mehrheit gegen die starke Front vor allem deutscher und französischer Christdemokraten und Liberaler zustande gekommen ist. Die verurteilten in ihren Reaktionen den Beschluss scharf.

    „Gemeinschaftsanleihen, mit denen ein Land neue Staatsschulden finanziert, während alle anderen Mitglieder der Eurozone zur Mithaftung für die Rückzahlung in die Pflicht genommen werden, sind mit der FDP nicht zu machen“, betonte der liberale Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff.

    Der Chef der CDU-Abgeordneten im Europäischen Parlament, Erwin Reul, sagte: „Das knappe Ergebnis der Abstimmung zeigt, dass die Einsicht in die Untauglichkeit des Instruments Eurobonds wächst.“ Sein CSU-Kollege Markus Ferber betonte, „Eurobonds erhöhen nicht den Druck auf Defizitstaaten, ihre Schulden zu senken, sondern ermuntern sie zu einer laxen Haushaltsführung.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Einführung von gemeinsamen Anleihen in der Vergangenheit stets strikt abgelehnt. Die Kommission hatte sich dafür ausgesprochen, sobald der Fiskalpakt, der das Schuldenmachen begrenzen soll, vollends wirksam ist.

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