Facebook ist auf Kurs, sich im Alltag eines Fünftels der Menschheit zu etablieren. Doch das weltgrößte Online-Netzwerk strebt wohl nach Größerem, als die zuletzt 1,35 Milliarden Nutzer nur privat zu vernetzen. Laut Medienberichten plant Facebook den Vorstoß in ein viele Milliarden schweres neues Geschäftsfeld.
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg will die Art verändern, wie innerhalb von Unternehmen kommuniziert wird. Allerdings könnten die Datenschutz-Sorgen zu einem Klotz am Bein für den amerikanischen Online-Riesen werden.
Der Bedarf an einer Revolution ist unumstritten: Viele Beschäftigte bekommen jeden Tag vorgeführt, wie stark die Informationswege in ihren Firmen veraltet sind. Privat kommen die Neuigkeiten aus Facebook oder dem Kurznachrichtendienst Twitter, für den schnellen Kontakt gibt es WhatsApp, Suchmaschinen wie Google picken sekundenschnell Informationen aus den unendlichen Weiten des Netzes heraus.
Im Büro hingegen herrscht die Kommunikation per E-Mail vor. Unwichtige Mitteilungen werden häufig zu breit gestreut, relevante Fakten bleiben dagegen oft ein Geheimnis weniger Empfänger. Das Wissen ist im Intranet oder spezialisierten Datenbanken verteilt, die Mitarbeiter bekommen zu viele Informationen und oft doch nicht die richtigen. Ein „Facebook at Work“, das die Funktionsweise des Online-Netzwerks in den beruflichen Alltag überträgt, wäre nicht der erste Versuch, das zu ändern.
Kritik an zu vielen E-Mails
So sagte der französische IT-Dienstleister Atos bereits 2011 den E-Mails intern den Krieg an, weil der Informationsfluss mit ihnen zu schlecht funktioniere. Führungskräfte verbrauchten bis zu 20 Stunden pro Woche allein mit dem Lesen und Schreiben von E-Mails, argumentierte das Unternehmen. Mitarbeiter hätten schon 2010 rund 200 elektronische Brief pro Tag erhalten. Zugleich vergehe ein Viertel der Arbeitszeit in der Suche nach Informationen.
Inzwischen gibt es viele Werkzeuge, die Abhilfe schaffen sollen. Zum Beispiel firmeninterne Kurznachrichten-Plattformen, in denen Informationen auf einen Schlag für viele Mitarbeiter sichtbar sind. Einer der Pioniere, das Start-up Yammer, gehört inzwischen zum Platzhirsch Microsoft, der sein Angebot verstärkt über die klassischen Office-Büroprogramme ausweiten will.
Denn der Windows-Riese wird selbst von jungen Herausforderern gejagt, die insbesondere vom Vormarsch von Smartphones und Tablets profitieren wollen. So hat sich Facebooks früherer Technik-Chef Brett Taylor mit seinem Start-up Quip das Ziel gesetzt, „das Office für die mobile Ära zu werden“. Auch Tabellen sollen damit bequem auf dem Handy-Bildschirm bearbeitet werden können und dazu ist ein Kurzmitteilungsdienst zum Austausch über das Dokument eingebunden.
Bei Facebook selbst nutzen die inzwischen knapp 8500 Mitarbeiter das eigene Netzwerk auch zum beruflichen Austausch. So kommunizieren etwa Produkt-Teams in eigenen Facebook-Gruppen untereinander, wie Mitarbeiter Medien erzählten. Zudem reihten sich Informationen ein, wie man sie aus dem privaten Facebook kennt. Außerdem werde der Messenger für Kurzmitteilungen genutzt.
Nun legt die „Financial Times“ mit mehr Details nach: Kommunikation in Facebook-Gruppen, Vernetzung mit beruflichen Kontakten, gemeinsame Arbeit an Dokumenten. Der Vorteil für Facebook sind die 1,35 Milliarden Menschen, die sich im Online-Netzwerk bereits zu Hause fühlen. Doch die Datenschutz-Sorgen könnten die Pläne für ein Firmen-Facebook durchkreuzen. Insbesondere nach dem NSA-Skandal sind zum Beispiel die Europäer so misstrauisch geworden, dass amerikanische Cloud-Dienste einer nach dem anderen Rechenzentren auf dem Kontinent eingerichtet haben, bevorzugt in Deutschland.
Bedenken beim Datenschutz
Und gerade auf Facebook, das sein Geld mit der Auswertung von Nutzerdaten für personalisierte Anzeigen verdient, müsste besonders viel Überzeugungsarbeit zukommen. Immerhin kann das Online-Netzwerk inzwischen eine flächendeckende Verschlüsselung vorweisen.
Ob nun Facebook oder jemand anders das Rennen machen wird, der Wandel in den Unternehmen hat längst begonnen. Den Erfolg werde künftig derjenige haben, der „die beste Fähigkeit hat, die Nadel im Heuhaufen zu finden“, glaubt der IBM-Experte Peter Schütt.