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WÜRZBURG: Immobilienmakler: Wenn 360 Grad eine große Rolle spielen

WÜRZBURG

Immobilienmakler: Wenn 360 Grad eine große Rolle spielen

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    Mit ein paar Handgriffen aufgebaut: Makler Johannes Heller bereitet die Kamera für ein 360-Grad-Bild vor.
    Mit ein paar Handgriffen aufgebaut: Makler Johannes Heller bereitet die Kamera für ein 360-Grad-Bild vor. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Langsam schraubt Johannes Heller ein kompaktes Stativ auseinander. Er platziert es mitten im Raum, steckt ein dunkles Gerät auf das Gestell und zückt sein Handy. „Sehen Sie, das geht alles sehr schnell und einfach“, sagt er. Heller ist Makler und bereitet gerade eine 360-Grad-Begehung eines Hauses vor.

    Dafür braucht er nicht viel. Das dunkle Gerät ist eine Spezialkamera, die innerhalb von Sekunden einen Raum komplett abfotografiert. Nach ein paar Handgriffen ist alles auch schon erledigt und das komplette Wohnzimmer als Bild auf dem Smartphone.

    „Früher sind die Leute zu Häusern gefahren, wenn sie diese in Anzeigen gesehen haben“, sagt der 42-Jährige. „Heute schauen sie sich die Immobilien digital vorab an.“ Es gebe einen kleinen Teil von Leuten, die sogar nur durch den digitalen Rundgang zum Kauf bewegt würden. „Das ist beispielsweise bei Kapitalanlegern der Fall, die in kleinere Wohnungen investieren“, sagt Heller.

    Digitales als Unterstützung

    Im Normalfall ersetzt der digitale Rundgang vorab aber nicht die Besichtigung vor Ort. Der Aufbau von Vertrauen funktioniere im persönlichen Gespräch immer noch am Besten. „Bei dem Kauf oder dem Verkauf einer Immobilie geht es für die meisten Menschen immerhin um die größte finanzielle Transaktion in ihrem Leben“, meint Heller.

    Der Rundgang im Netz solle den Leuten nur helfen, sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Seit etwa einem Jahr arbeitet der Makler mit dem digitalen Foto-Werkzeug – zusätzlich zur gewöhnlichen Spiegelreflexkamera. Laut eigenen Angaben war er damals eine Art Vorreiter, mittlerweile gebe es aber auch andere Kollegen, die sehr digital arbeiten.

    Digitale Werkzeuge bald Standard

    „In den vergangenen Monaten hat dieses Thema deutlich an Geschwindigkeit gewonnen“, sagt er. In ein bis zwei Jahren werde es Standard sein.

    Johannes Heller arbeitet seit 2002 im Immobilien-Bereich. Vergangenes Jahr hat er sich mit 40 Jahren für die Selbstständigkeit entschieden. Sein erster Mitarbeiter war nicht etwa eine Sekreträtin, sondern eine Online-Managerin.

    Früher lief der Verkauf von Immobilien ganz klassisch über Anzeigen in der Tageszeitung ab, erzählt er. Heute gebe es dafür aber ganz andere Instrumente, die sich vor allem in der digitalen Welt abspielen. Soziale Medien und Immobilienportale zu bestücken, gehöre heute zur alltäglichen Arbeit. 70 Prozent seines Marketing-Budgets verwendet er für die Online-Vermarktung.

    Konkurrenz, die sich gegenseitig braucht

    Und das, obwohl Immobilienportale den Ruf haben, den Makler überflüssig zu machen. „Ja, es ist eine Konkurrenz, aber man braucht sich gegenseitig“, sagt Johannes Heller dazu. Auch er stellt Immobilien auf eines der zahlreichen Portale. Problematisch sei daran, dass diese mittlerweile als großer Dienstleister auftreten und Kunden gleich Umzugshelfer oder Autos mitanbieten. „Das führt zu einer Kannibalisierung einiger Geschäftsfelder“, so Heller.

    Ein Maklersterben könne er hingegen nicht beobachten. Eher eine Verschiebung der Akteure, ein Generationswechsel. „Das Bild vom sprücheklopfenden Porschefahrer, der einmal die Tür aufhält und dafür satt kassiert, hat ausgedient“, sagt er. Die Digitalisierung sei dabei eine wichtige Säule. Wer das nicht begreife, werde von innovativeren Maklern verdrängt.

    Makler setzt auf gängige soziale Medien

    Im Netz landet jedoch nur ein kleiner Teil der Angebote des Würzburger Maklers. „Vieles wird in erster Linie Stammkunden vorab angeboten, denn der Kauf und Verkauf von Immobilien funktioniert nur mit einer soliden Vertrauensbasis“, sagt er. Und das könnten digitale Instrumente nicht ersetzen.

    Dennoch seien sie wichtig. Deswegen setzt der Immobilienmakler aus Würzburg auf gängige Plattformen wie Facebook, Instagram und Youtube. Für Heller war das Arbeiten damit aber zuerst auch Neuland. „Zu Beginn hatte ich Unterstützung von einer Werbeagentur, die mir alles erklärt hat“, sagt er. Das kostete ihn einen mittleren fünfstelligen Betrag.

    20 000 Menschen einfach zu erreichen

    Für die Plattformen erstellt er in Zusammenarbeit mit Kollegen kleine Videos, animierte Bilderserien und die digitalen Rundgänge, die er über die sozialen Medien verbreitet. Mehr als 20 000 Menschen kann er mit den einfachen Mitteln in einer kurzen Zeit erreichen. „Der Vorteil ist, dass ich genau entscheiden kann, in welcher Zielgruppe ich etwas verbreite“, sagt Heller.

    Mit den neuen Möglichkeiten kämen aber auch neue Probleme. „Mit Shitstorms hatte ich früher keine Probleme, jetzt werde ich damit konfrontiert, weil im Internet alles anonymer abläuft“, sagt Heller. Findet ein Facebook-Benutzer beispielsweise, dass der Preis einer Immobilie zu hoch ist, lässt er seinem Ärger mit der Kommentar-Funktion freien Lauf. Und darauf muss Heller reagieren. „Denn wer heute mehrere negative Bewertungen hat, ist raus“, sagt er.

    Persönlicher Kontakt an erster Stelle

    Das längerfristige Ziel des Würzburgers ist es, digitale und analoge Bereiche weiter miteinander zu verknüpfen. Geplant sind derzeit zum Beispiel Live-Videos von Expertengesprächen. Wichtig dabei ist aber für ihn, den persönlichen Kontakt zu seinen Kunden nicht zu verlieren. „Denn das ist weiterhin überlebensnotwenig“, meint er.

    Unsere Serie „Arbeitswelten der Zukunft“ zeigt anhand vieler Beispiele aus der Region, wie sich die Digitalisierung auf Berufe und Unternehmen ausgewirkt hat - oder noch auswirken wird. Alle Beiträge zur Serie finden Sie auf www.mainpost.de.

    Nächste Folge: Ferndiagnose

    Digitalisierung im Maklergeschäft „Die Rolle der Digitalisierung ist erheblich“, meint auch Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland Süd (IVD). Konkret würden digitale Werkzeuge helfen, Prozesse zu straffen und zu vereinfachen. Beispielsweise hätten Makler früher sehr viel Zeit für Besichtigungen einplanen müssen. Interessierte Käufer könnten sich heutzutage aber bereits durch Online-Besichtigungen ein erstes Bild von Immobilien machen. Falls ihnen diese digital nicht gefallen und abspringen, sparen sich Makler die zeitaufwendigen Besichtigungen. Von Kunden werden die digitalen Möglichkeiten laut Kippes bereits gut aufgenommen. Der persönliche Kontakt gehe dabei nämlich nicht verloren. „Die digitale Welt kann zwar helfen, aber am Ende braucht es einen physischen Piloten“, sagt er. Vor allem bei sehr komplexen Themen des Immobilienkaufs brauche es echte Menschen. Außerdem können Online-Rundgänge nicht den ersten Eindruck so gut vermitteln wie eine Besichtigung vor Ort. In den kommenden Jahren wird die Digitalisierung laut IVD große Einflüsse auf die Themen Online-Marketing, Marktforschung und Prozess-Vereinfachung haben. (lke)

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