So verärgert hat Brüssel die deutsche Bundeskanzlerin selten gesehen. Höhnische Gesänge und antideutsche Tiraden irischer Bankmanager während der Finanzmarktkrise – da platzte Angela Merkel am Rande des EU-Gipfels der Kragen. „Dafür habe ich wirklich nur Verachtung übrig“, wird die Regierungschefin deutlich. „Die Tonalität scheint bankübergreifend gleich zu sein“, fährt sie fort. „Sie ist für Menschen, die ganz normal jeden Tag zur Arbeit gehen, die ihr Geld verdienen, einfach nur ganz, ganz schwer zu verkraften, um nicht zu sagen gar nicht zu verkraften.“
Den Vorfall nannte die Kanzlerin in Brüssel „eine unglaubliche Herausforderung“, denn „die Menschen zu überzeugen, Solidarität mit anderen Menschen“ zu üben, die schwächer seien – „das alles wird dadurch zerstört“.
Wenige Tage zuvor hatten irische Zeitungen den Mitschnitt eines Telefonates zwischen dem Leiter des Kreditgeschäftes der früheren Anglo Irish Bank, John Bowe, und Vorstandschef David Drumm sowie weiteren Spitzen-Managern des Hauses veröffentlicht. Die Ausschnitte zeigen, auf welche dreiste Weise in der Finanzkrise Milliarden-Gelder durch bewusst fehlerhafte Angaben erschwindelt wurden. Da wird offen darüber gewitzelt, dass die Manager der Zentralbank einen Kreditbedarf von sieben Milliarden zum Abwenden einer Pleite nannten, die Summe jedoch frei erfunden war: Er habe sie sich „aus dem Arsch gezogen“, sagte Bowe. Drumm sinniert fröhlich „neuer Tag, neue Milliarden“. Gemeinsam macht man sich über die Deutschen als größten Geldgeber lustig und bezeichnete sie als „fucking germans“. Bowe greift das auf und stimmt die erste Strophe des Deutschland-Liedes „Deutschland, Deutschland über alles“ an. Die sieben Milliarden Euro umfassende Nothilfe werde man zurückzahlen, „sobald wir das Geld haben“, sagte der Leiter des Kapitalmarktgeschäftes: „also nie“.
Die Affäre ist nicht nur wegen der eindeutigen Beleidigungen der Deutschen so brisant. Auch in Irland sorgt der Mitschnitt für massive Aufregung. Schließlich musste der Steuerzahler rund 30 Milliarden Euro aufwenden, um die Pleitebank erst zu stützen, ehe sie am Ende doch abgewickelt wurde. Den Staat zog man dabei mit in den Abgrund: 2010 sah sich Dublin gezwungen, Hilfen des Rettungsschirmes in Anspruch zu nehmen und bekam eine Zusage über 85 Milliarden Euro – gut 27 Prozent sicherte die Bundesrepublik ab.
Die irische Regierung hat inzwischen eine Untersuchungskommission eingesetzt, auch gerichtlich soll gegen alle Beteiligten vorgegangen werden. Der politische Schaden aber ist groß. Nicht nur die Kanzlerin ist tief verärgert, auch aus dem Bundestag gibt es deutliche Stimmen.
So nannte der stellvertretende CDU-Fraktionschef Michael Fuchs es „beleidigend und unerträglich“, wie sich irische Banker über deutsche Solidarität lustig gemacht hätten. „Das ist eine wirklich gefährliche Sprache“, meinte Fuchs. Immerhin habe die Berliner Regierung deutsche Steuerzahler überzeugen müssen, angeschlagenen Staaten zu helfen.