Die Teile des von ihm aufgebauten Unternehmen gehören längst internationalen Investoren und Konzernen. Sein Unternehmen, das in seiner Glanzzeit neben Textilien und Konsumgütern auch Pauschalreisen, Fertighäuser und Versicherungen verkaufte, hatte der in Würzburg geborene Sohn eines Kohlehändlers allerdings auf der Grundlage mehrerer Firmen aufgebaut, die vormals jüdischen Kaufleuten gehört hatten und in der Nazi-Zeit zwangsweise „arisiert“ wurden. 1935 erwarb der 23-jährige Neckermann zunächst in Würzburg das beliebte Warenhaus des jüdischen Kaufmanns Sigmund Ruschkewitz in der Schönbornstraße sowie dessen Einheitspreisgeschäft „Wohlwert“ in der Eichhornstraße mit weit über 100 Beschäftigten.
Zuvor hatte die NSDAP die Dresdner Bank gezwungen, Ruschkewitz einen dringend benötigten Kredit zu verweigern und völlig überraschend einen anderen Kredit zurückzuverlangen. Parteimitglieder warnten Ruschkewitz, er werde ins KZ eingeliefert, wenn er sich weigere, seine Betriebe in nichtjüdische Hände zu überführen. Der 64-Jährige verlor die Nerven und verkaufte zu einem Spottpreis an Neckermann, einem Reiterfreund seines Sohnes Hans. Alles sei „in der freundschaftlichsten Form“ passiert, sagte Neckermann später. Andere berichten dagegen, Ruschkewitz, der letztlich nur rund 50 000 Mark erhielt, sei skrupellos über den Tisch gezogen worden.
1937 übernahm Neckermann mit Hilfe des Regimes dann die Nürnberger „Wäschemanufaktur Karl Joel“ weit unter Preis. Dessen Enkel, der prominente Popsänger Billy Joel (Piano Man, Uptown Girl), schloss drei Jahre nach Neckermanns Tod mit einem versöhnlichen Gedenkkonzert in Nürnberg seinen Frieden mit den Deutschen. Wegen seiner NS-Vergangenheit – Neckermann hatte unter anderem Großaufträge für Hitlers Wehrmacht abgewickelt – startete der letztlich als „Mitläufer“ eingestufte Neckermann erst 1950 so richtig in das deutsche Wirtschaftswunder. Der erste Katalog des im verkehrsgünstigen Frankfurt begründeten Versandhandels umfasste zwölf Seiten mit 147 Textilartikeln. Schnell kamen preiswerte Radios und große Elektrogeräte hinzu, über niedrige Preise drückten die Frankfurter große Mengen ihrer Produkte mit kleinen Margen in die Märkte.
Die immer dickeren Kataloge gehörten wie die der Konkurrenten Otto oder Quelle zur Grundausstattung vieler Haushalte gerade auf dem flachen Land. Seine Popularität verdankte Neckermann zusätzlich dem 1961 eingeführten Werbeslogan „Neckermann macht's möglich“, der im westdeutschen Daueraufschwung zum geflügelten Wort wurde.
1963 stieg der Unternehmer ins Reisegeschäft ein und baute die NUR (Neckermann und Reisen GmbH) innerhalb von nur fünf Jahren zum damals größten Veranstalter von Flugreisen auf. Das Fertighausunternehmen Neckermann Eigenheim GmbH und die Versicherungstochter Neckura rundeten die Unternehmenspalette ab. Auch eine Kaufhauskette wurde etabliert. Trotz immer weiter steigender Umsätze geriet das Stammunternehmen in den 1970er Jahren immer tiefer in die Krise und wurde schließlich 1977 von Karstadt übernommen.
Nach der Pleite des Karstadt-Nachfolgers Arcandor hat heute der US-Investor Sun Capital das Sagen bei dem sehr spät aufs Internet getrimmten Versandhandel „Neckermann.de“, der national wieder auf dem zweiten Platz der Versandhändler hinter Otto steht und auch in Europa mit rund 4000 Mitarbeitern wieder eine größere Rolle spielt. Die Touristiktochter NUR wurde zunächst mit der Fluggesellschaft Condor fusioniert und landete schließlich 2001 beim deutsch-britischen Reiseriesen Thomas Cook, der den Namen Neckermann als Marke bis heute weiterführt. Die Versicherung Neckura gehört inzwischen zum Zurich-Konzern.
Josef Neckermann selbst, der als Dressurreiter zwei Olympiasiege und zwei Weltmeisterschaften errungen hatte, widmete sich nach dem Verkauf komplett der Reiterei und der Förderung des Spitzensports. Als Sporthilfe-Vorsitzender machte er seinen Einfluss auch in den Führungsgremien des Deutschen Sportbunds wie im Nationalen Olympischen Komitee geltend und sah sich selbst als „Bettler der Nation“, der die richtigen Quellen anzuzapfen wusste. An der Spitze seiner vielfältigen Auszeichnungen erhielt Josef Neckermann das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern. mitarbeit: roland flade