Barbara Müller ist das, was man wohl einen alten Hasen nennt. Nicht wegen ihrer 70 Jahre, die man der kleinen Frau mit den grauen Haaren und den wachen Augen gar nicht ansieht. Sondern weil die Brandenburgerin seit vielen Jahren zur IFA, der Internationalen Funkausstellung, kommt. Die Hausgeräte, sagt sie, seien nicht so ihr Ding – im Gegensatz zu ihrer Freundin, die sich stundenlang mit Waschmaschinen beschäftigen könne. „Ich trau mich nicht mal, den Backofen zu programmieren, wenn ich außer Haus gehe.“ Aber an Flachbildfernseher, Computer und Handys traut sich Barbara Müller heran. Sie ist stolz, dass sie es schafft, die Bilder von der Speicherkarte ihrer Digitalkamera auf den PC zu übertragen. Und nun will sie wissen, was sie sonst noch alles lernen kann.
Unter dem Berliner Funkturm hat man registriert, dass es immer mehr Besuchern so geht. Viele interessieren sich zwar für Technik, kommen aber mit der komplizierten Bedienung der Geräte nicht zurecht. Die Veranstalter haben reagiert und bieten nun spezielle Führungen für die Generation 60 plus an. „Reif für die IFA“ lautet das Motto.
Eigentlich, sagt Andreas Munket, dürfte er gar nicht mitmachen. Weil er ja erst 59 ist. Gekommen ist er trotzdem. „Ich versteh die Hälfte der Sachen nicht mehr“, sagt er. Das sei bei seinem Laptop so. Und erst recht bei diesen Alleskönner-Handys – den Smartphones, die Telefon, Kamera und Mini-Computer in einem sind. Vor einem halben Jahr hat sich Munket sein erstes Mobiltelefon gekauft, weil er erreichbar sein muss. „Es war schwierig, ein ganz normales Handy zu finden“, sagt er und zieht ein Nokia aus der Tasche. Keine Kamera, kein Internet. „Ich will einfach nur telefonieren.“
In Halle 9 hat man davon eine leise Ahnung. Markus Schmitt-Fumian zeigt Festnetz-Telefone mit großen Tasten und großem Display. Bei der Firma Gigaset habe man gelernt, dass die Geräte nicht aussehen sollen wie aus dem Orthopädieladen. Dann spricht er vom „taktilen Feedback“, das bei den „Touch-Telefonen“ einfach passen müsse, und dass im „Consumer Market“ jeder sein „User Interface“ selbst bestimmen könne. Barbara Müller lächelt und nickt. „Ich habe eine Flat-rate“, sagt sie. Wer reif für die IFA sein will, sollte vielleicht erst einen Englisch-Kurs besuchen.
Ein paar Meter weiter hält Sebastian Klein ein rundes Gerät in die Höhe, das aussieht wie ein UFO. Dass der kleine Roboter von ganz allein sauge und genau unter den Sockel der Küche passe, sagt der Mitarbeiter von iRobot. Barbara Müller braucht keinen Staubsauger-Roboter. Und einen Fernseher, der zugleich ins Internet geht – jenes Smart-TV, das die Branche auf der IFA anpreist – erst recht nicht. „Ich hab doch ein extra Internet.“
Stephan Geist versucht sich Gehör zu verschaffen. In der Halle plärrt Musik aus den Boxen, die Senioren haben auf der Couch Platz genommen. Sieben Jahre zu spät, erklärt er, gehen die Deutschen zum Hörgeräte-Akustiker. In der Zeit verlerne das Ohr zu hören. „Hörgeräte machen nicht alt. Sie machen deutlich“, sagt Geist. Dann setzt er sich kleine, kabellose Dinger in die Ohren und hängt sich ein Kästchen um, das ein Mikro enthält. Wer das mit dem Handy verbinde, könne sogar telefonieren, wie mit einer Freisprecheinrichtung.
„Das hat mein Handy auch“, sagt Barbara Müller und holt ein dickes Gerät mit großen Tasten, Wecker und Taschenlampe aus der Handtasche. „So ein Touch-Ding brauche ich nicht“, sagt die 70-Jährige. „Da hat man sich schnell mal vertoucht.“ Schon jetzt landet ab und an eine SMS bei der Tochter, die eigentlich für die Enkelin bestimmt war.
Am Stand von Emporia gibt es Modelle, wie Barbara Müller sie hat. „Das sind keine Seniorentelefone, sondern Telefone für Leute, die zu faul sind, die Lesebrille aufzusetzen“, heißt es bei der österreichischen Firma, die Mobiltelefone ohne überflüssige Extras herstellt. Die Geräte haben große Felder, eine Notruftaste, die an der Rückseite angebracht ist, und einen GPS-Sender. „Das ist toll“, sagt Andreas Munket. „Wenn was passiert, kann man gefunden werden.“ Barbara Müller hat unterdessen ein flacheres Modell entdeckt, zum Aufklappen, mit Kamera. Zwei Tastendrücke später hat sie ein Bild gemacht. „Das ist doch wirklich einfach“, sagt sie.