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Schweinfurt: Schweinfurter Dialyse-Geräte: Ermittlungen gegen Fresenius

Schweinfurt

Schweinfurter Dialyse-Geräte: Ermittlungen gegen Fresenius

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    Im Fokus von Korruptions-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: die Zentrale des Medizin-Konzerns Fresenius in Bad Homburg. 
    Im Fokus von Korruptions-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: die Zentrale des Medizin-Konzerns Fresenius in Bad Homburg.  Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Jedes zweite der hochwertigen Dialyse-Geräte von Fresenius Medical Care (FMC) kommt aus dem Werk in Schweinfurt. Ärzte in aller Welt schätzen die Geräte – aber offenbar nicht nur wegen der technischen Qualität. Mit Schmiergeldzahlungen soll der Konzern weltweit nachgeholfen haben, dass sich Kunden für Fresenius-Produkte entscheiden. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte am Montag, dass sich mehrere Verantwortliche des Medizintechnikherstellers strafrechtlichen Ermittlungen stellen müssen.  

    In den USA mit den Ermittlern geeinigt

    Grundlage der Ermittlungen ist ein Bericht der US-Börsenaufsicht, der zahlreiche Bestechungsfälle bei der Einrichtung von Behandlungszentren für Nierenkranke dokumentiert. Der Konzern, der weltweit als führend bei Produkten und Dienstleistungen für Nierenkranke gilt, hatte noch im Frühjahr erklärt: Man habe sich mit US-Behörden auf eine Strafzahlung von 231,7 Millionen Dollar geeinigt. Die Untersuchung der US-Justizbehörde und der US-Börsenaufsicht sei damit abgeschlossen.

    Doch was bewog eines der mit 114.000 Mitarbeitern und über 16 Milliarden Euro Umsatz größten Unternehmen im Deutschen Aktienindex (Dax) dazu, die satte Strafe zu akzeptieren? Inzwischen sickern immer mehr Details des 17-seitigen Berichtes der US-Finanzaufsicht SEC durch. Der Vorwurf: Fresenius habe zwischen 2009 und 2016 Millionen von Dollar an Schmiergeldern in Saudi-Arabien und neun afrikanischen Ländern gezahlt. Der SEC-Bericht listet außerdem fragwürdige Zahlungen in der Türkei, Spanien, Portugal, China, Serbien, Bosnien, Marokko und Mexiko auf. Das Bestechungsgeld soll vornehmlich an Ärzte und staatliche Angestellte geflossen sein. Im Gegenzug sollen die Korrumpierten bei der Behandlung von Nierenerkrankungen auf Produkte von Fresenius Medical Care gesetzt haben.

    Fresenius: Behörden selbst und freiwillig informiert

    Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt bestätigte am Montag eigene Ermittlungen gegen mehrere Mitarbeiter des Dax-Konzerns und auch gegen Personen aus dem Umfeld. Die schriftliche Stellungnahme von Fresenius dazu: Man habe die zuständigen deutschen Behörden selbst und freiwillig informiert. Die Ermittlungen hätten lediglich Vorgänge in 17 der mehr als 150 Länder betroffen, in denen FMC tätig sei. Man unterstütze die Behörden "vollumfänglich bei ihren Ermittlungen".

    In der Einigung mit den US-Behörden vom Februar heißt es: "Das Unternehmen gibt zu“, dass die von der SEC ermittelten Bestechungsvorwürfe „wahr und richtig sind und eine vorsätzliche Verletzung des Foreign Corrupt Practices Act ("FCPA") darstellen". Der im Internet verfügbare Bericht listet detailliert Korruptionsfälle in der ganzen Welt auf – ein globales Schuldeingeständnis.

    Details von der Korruptionsliste

    Die Vorwürfe der US-Finanzaufsicht reichen weit: Ranghohe Mitarbeiter in der Zentrale von Fresenius Medical Care in Bad Homburg seien über falsche Rechnungen und fragwürdige Vorgänge in Saudi-Arabien bereits 2009 und 2011 von einem Mitarbeiter der Buchhaltung informiert worden. Vier Ärzte vom Balkan seien beispielsweise auf Kosten von FMC zu einer Medizinkonferenz 2008 nach Philadelphia eingeladen worden. Auf dem Programm standen auch private Trips samt Ehefrauen nach New York City und in den mexikanischen Badeort Cancun. Kosten laut SEC: 393.000 Dollar.

    In Kamerun habe ein Arzt für jedes verwendete Dialyse-Kit von Fresenius Medical Care fünf Euro "Bonus" erhalten, in Spanien sei über Beraterverträge Bestechungsgeld an Ärzte geflossen. In der Türkei habe man ein Unternehmen mit einem einflussreichen Professor gegründet, um ihm so Geld zukommen zu lassen. In Marokko sollen vor allem Militärärzte bedacht worden sein.

    Experte Dolata: Im Gesundheitswesen "die meisten Schmiergeldempfänger" 

    Der Würzburger Anti-Korruptionsexperte Uwe Dolata sieht sich bestätigt: "Die größte Baustelle im Bereich der Bestechung ist das Gesundheitswesen. Hier gibt es die meisten Schmiergeldempfänger.“ Der ehemalige Kripo-Mann lehrt er an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt das Thema "Compliance", also Strategien zur Vermeidung von Korruption. Die Praktiken von Fresenius klingen beispielhaft: Es gab offenbar Beraterverträge ohne erkennbare Gegenleistung, Ärzte erhielten Briefumschläge mit Bargeld, Fresenius-Mitarbeiter wiesen Schmiergeldzahlungen als Provisionen aus.

    Gegen wie viele ehemalige oder aktive Mitarbeiter von Fresenius ermittelt wird, bleibt offen. Zu den genauen Vorwürfen wollte sich die deutsche Justiz nicht äußern. Die SEC betont in ihrem Bericht, hochrangige Mitarbeiter in der Konzernzentrale hätten selbst über konkrete Schmiergelder mitentschieden.

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