Wenn US-Präsident Donald Trump mal wieder Handelskriege führt, stellt sich reflexartig die Frage: Was wird Mainfrankens Wirtschaft zu spüren bekommen? Ähnlich ist das, wenn Russland weltpolitisch zündelt, wenn Chinas Volkswirtschaft einen Schnupfen hat oder wenn irgendein Schurkenstaat durchdreht.
Meistens ist die Antwort dann: Die Unternehmen hierzulande werden Wellen nur indirekt wahrnehmen. USA, Russland, China - alles weit weg. Der Brexit bisweilen auch.

Nicht so für ein auf den ersten Blick unscheinbares Unternehmen in Rimpar bei Würzburg. Die Firmengruppe Arnold ist eine der seltenen Adressen in Mainfranken, wo weltpolitische Wirren und Verwerfungen jeden Tag hautnah zu erleben sind. Mehr noch: Für die 20 Mitarbeiter sind Embargos zwischen Land A und Land B, das Dickicht der internationalen Zoll-Regeln, unpassierbare Straßen irgendwo im Regenwald oder korrupte Behörden Alltagsgeschäft.
Der Firmensitz von Arnold im Technologiepark von Rimpar ist kaum größer als ein Einfamilienhaus. Doch dort geht es um tonnenschwere Geschäfte selbst in exotischen Ländern: Arnold organisiert Schwer- und Spezialtransporte auf der ganzen Welt. Castoren, riesige Teile für Kraftwerke, ganze Häuser oder Flügel von Windrädern sind darunter.
Eigene Lastwagen hat Arnold schon seit Jahren nicht mehr. Geschäftszweck ist vielmehr, wie ein Regisseur Transporte von Anfang bis Ende zu koordinieren. Und dabei gilt: je schwerer, je unhandlicher, je exotischer die zu transportierende Ware ist, desto besser sei es, sagt Oliver Arnold.
Der 51 Jahre alte gebürtige Rimparer leitet das 1945 von seinem Großvater gegründete Unternehmen. Ging es damals noch um Holzkohle-Lieferungen, macht Arnold heute mit Sondertransporten auf Straße, Schiene, Wasser und in der Luft einen Jahresumsatz von 25 Millionen Euro.
Bis zu einem Jahr könne es dauern, bis ein solcher Sondertransport irgendwo auf der Welt organisiert sei, sagt Oliver Arnold. Und schaut dabei in seinem Firmensitz auf eine überdimensionale Weltkarte mit Dutzenden von Schildchen. Sie zeigen die in den vergangenen Jahren erledigten Transporte. Auf jedem Kontinent kleben Schildchen. Selbst so kritische Länder wie Mali, Iran, Türkei oder Syrien sind darunter.
Von Land A zu Land B über Hafen XY
Gingen die Transporte immer nur von Deutschland in diese Länder, wäre die Herausforderung für Arnold halb so groß. Da aber sein Team auch Transporte von irgendeinem Land in irgendein anderes Land betreut, wird die Sache mit der Weltpolitik mitunter verzwickt. Denn Arnold muss sich mit sämtlichen Zollformalitäten herumschlagen, muss lokale Feiertage im Auge haben, muss die Folgen politischer Zerwürfnisse zwischen Land A und Land B beachten und muss schließlich auch wissen, ob das überbreite Maschinenteil im Hafen XY überhaupt abgeladen und über holprige Landstraßen ins Hinterland transportiert werden kann.

Bevor in Asien, Afrika oder Australien ein Schwertransport losfährt, sind nach den Worten von Oliver Arnold sämtliche in den Auftrag eingeschalteten Firmen erst einmal durch ein Antiterror-Prüfverfahren der Weltzollorganisation zu schleusen. Melde diese Datenbank einen Treffer, müsse er das unverzüglich dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mitteilen. Die gemeldete Firma sei dann aus dem Auftrag raus.
Wie Arnold weiß, was vor Ort los ist
Um all die zum Teil verworrenen Vorschriften und Zustände in den Winkeln dieser Erde im Blick zu behalten, arbeitet Arnold weltweit mit Partnerfirmen zusammen. Sie kümmern sich vor Ort zum Beispiel darum, wo Straßensperrungen sind, wo es gefährlich werden kann oder wo die Behörden mit neuen Vorschriften daherkommen. Arnold und die Partner sind dazu Mitglied im Global Project Logistics Network, einem weltweiten Netzwerk mit Sitz im thailändischen Bangkok.
Um überhaupt erst einmal zu erfahren, wo auf dem Globus ein Schwertransport als Auftrag zu haben ist, nutzt Arnold unter anderem die Datenbank des Berliner Nah- und Mittelost-Vereins (Numov). Diese Organisation mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder als Ehrenvorsitzendem kümmert sich um die Wirtschaftsförderung in dieser Region.
Wie direkt die Weltpolitik bis Rimpar durchdringt, zeigt das EU-Embargo gegen Russland. "Das sind Dinge, die wir spüren", sagt Arnold. Als die Russen 2014 die Krim von der Ukraine annektierten, "haben wir das sofort gemerkt". Das Transportgeschäft dort brach ein. Überhaupt sei in dieser Hinsicht jedes Embargo für Arnold eine besondere Last.
In digitalen Zeiten wie diesen ist es kein Wunder, dass die Mitarbeiter in der Zentrale in Rimpar auf ihren Computerbildschirmen live sehen können, wo sich gerade welcher Transport befindet. "Wir sprechen hier zehn Sprachen", sagt Chef Arnold. Er selbst beherrsche zum Beispiel Türkisch fließend.
Geschuldet ist das der Tatsache, dass der 51-Jährige lange im Türkei-Geschäft seines Unternehmens aktiv war. Dieser Strang wurde Anfang Januar mit der Gründung einer eigenen Tochterfirma ausgebaut.
Welches Land für Arnold richtig unangenehm ist
Türkei, Syrien oder Mali - man vermutet die wildesten Überraschungen, die Arnold in solch handelspolitisch schwierigen Staaten haben kann. Viel wilder ging es für das Unternehmen aber vor einigen Jahren in den USA zu: Dort sollten 40 Spezialbehälter mit einem Durchmesser von jeweils sechs Metern über 160 Meilen transportiert werden. Das Problem: 1001 Stromleitungen an der Strecke hingen dafür zu tief.

Also war der Plan, sie alle höher montieren zu lassen. Kosten laut Arnold: eine Million US-Dollar. Das Problem im Problem: Weil die dann höheren Holzmasten für die Leitungen sturmanfälliger gewesen wären, forderten Versicherungen den Rückbau nach dem Transport. Als ein teurer Rechtsstreit darüber anstand, habe er sich aus diesem Geschäft zurückgezogen, erinnert sich Oliver Arnold. Wegen solcher Eigenheiten "meiden wir die USA eher".
Da war die Sache mit Russland klarer: Arnold sollte dort große Gebäudeteile für ein Krankenhaus transportieren lassen. Als die russischen Behörden signalisierten, dass sie für die Vergabe des Auftrages gehörig Geld sehen wollten, stieg Arnold aus. "So was machen wir nicht."