Wenn das Geld am Ende des Monats knapp wird, überziehen viele Deutsche regelmäßig ihr Konto. Dafür verlangen die Banken Zinsen – und zwar nicht zu knapp. Eine vom Verbraucherministerium in Auftrag gegebene Studie bestätigt diesen Eindruck nun: Häufig bezahlen die Kunden für ihren Dispo zu viel.
Nach Recherchen des Instituts für Finanzdienstleistungen und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim verfügen mehr als 80 Prozent der Haushalte in Deutschland über einen Dispokredit-Rahmen. Jeder sechste Haushalt nehme diesen regelmäßig in Anspruch. Untersuchungen der Stiftung Warentest haben ergeben, dass die Banken und Sparkassen bis zu 14,75 Prozent Zinsen pro Jahr verlangen. Der Durchschnitt liegt bei elf bis zwölf Prozent.
Die Autoren der Studie betonen jedoch, dass die Kreditinstitute mit Zinssätzen von zehn Prozent für die Überziehungen „profitabel arbeiten können“. Danach hätten sich die Refinanzierungskosten der Banken am Geldmarkt in letzter Zeit erheblich reduziert, die Dispozinsen seien aber nicht in gleichem Maße gefallen.
Die Banken kommen also billiger an Geld, geben die Einsparungen aber nicht an ihre Kunden weiter, sondern benutzen den Dispo „zur Gewinnsteigerung“, wie es in der Studie heißt.
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) ruft die Finanzbranche deshalb zu fairen Konditionen auf: „Wollen die Banken den Kredit bei den Kunden nicht verspielen, müssen sie runter von überhöhten Dispozinsen.“ Zudem verlangt sie volle Transparenz und umfassende Kundenbetreuung für mehr Wettbewerb.
Die SPD geht noch einen Schritt weiter und fordert eine staatliche Schranke gegen hohe Überziehungszinsen. Parteichef Sigmar Gabriel sagt: „Wir brauchen endlich ein Gesetz mit einer Obergrenze für Dispozinsen.“
Verbraucherschützer sprechen sich schon lange für einen solchen Schritt aus. Jana Brockfeld vom Bundesverband der Verbraucherzentralen sagt: „Jetzt haben wir endlich von offizieller Seite eine Bestätigung.“ Von einem staatlichen Eingriff raten die Autoren der Studie jedoch ab. „Die Einführung von festen Zinsobergrenzen birgt die Gefahr, dass sich die Anbieter an dieser Grenze verstärkt orientieren, diese also zu ihren Grenzen ausschöpfen“, heißt es. Verbraucherschützerin Brockfeld entgegnet, dass mehr Transparenz alleine nicht ausreiche, um die Zinsen zu senken. Ihrer Erfahrung nach vergleichen nur wenige Verbraucher bei der Wahl ihres Girokontos die Konditionen. „Die meisten haben bereits einen Überziehungskredit, den sie einfach nutzen.“
In einer Stellungnahme weist die Deutsche Kreditwirtschaft darauf hin, dass Dispositionskredite ein besonderes, kurzfristig nutzbares Angebot darstellen. „Diese hohe Flexibilität spiegelt sich auch in höheren Zinsen im Vergleich zum Ratenkredit wider.“ Zudem schlage das höhere Ausfallrisiko von Dispokrediten im Vergleich zu anderen Kreditformen zu Buche.
Die Autoren der Studie ziehen die Begründungen der Geldhäuser für die hohen Zinsen aber in Zweifel. Weder habe sich der Bearbeitungs- und Verwaltungsaufwand in den vergangenen Jahren erhöht, noch sei die Ausfallquote mit im Schnitt 0,3 Prozent auffallend hoch. Im Gegenteil: Bei Konsumentenkrediten betrage sie 2,5 Prozent.
Teures Geld
Der Dispokredit ist in der Regel der teuerste Kredit einer Bank. „Verhandeln kann man über den Zinssatz als normaler Kunde eigentlich nicht“, erklärt Max Herbst von der FMH Finanzberatung in Frankfurt. Verbraucher sollten daher vergleichen. Denn laut FMH verlangen viele Banken weniger als zehn Prozent Zinsen für einen Überziehungskredit.
Rechenbeispiel: Bei einer teuren Bank müssen Kunden 12,5 Prozent für ihren Überziehungskredit zahlen. „Ist ein Kunde mit 500 Euro im Dispo, muss er dafür im Monat 5,21 Euro Zinsen zahlen“, rechnet Herbst vor. Eine günstige Bank verlangt hingegen nur 5,25 Prozent Zinsen. „Der Kunde muss in diesem Fall nur 2,19 Euro Zinsen im Monat zahlen.“
Die Kunden sollten den Dispokredit aber immer nur vorübergehend nutzen. „Wer ständig im Minus lebt, hat etwas falsch gemacht“, sagt Herbst. Bei einem Wechsel sollte man aber das Gesamtangebot im Auge behalten. Denn die Höhe der Kontoführungsgebühren und Kreditkartenkosten oder viele Geldautomaten seien wichtige Kriterien. Text: dpa