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Süße Nische

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    Wichtigster Rohstoff: Aus Hagebutten wird die „Franken-Nutella“.S: MAINTAL/NATTER
    Wichtigster Rohstoff: Aus Hagebutten wird die „Franken-Nutella“.S: MAINTAL/NATTER Foto: Foto

    Die Zahlen des ersten Quartals sind so süß wie es rund um die großen Kochkessel riecht. 22 Prozent Umsatzwachstum – „das erste Quartal ist bombastisch gut gelaufen, das war das beste in unserer Unternehmensgeschichte“, sagt Anne Feulner, Geschäftsführerin von Maintal Konfitüren. Nicht, dass die Marmeladenmacher süße Zahlen nicht gewohnt wären. Um einhundert Prozent hat Maintal seinen Umsatz in den vergangenen fünf Jahren gesteigert. Aber dass in diesem Jahr nach drei Monaten schon 60 Prozent des Jahresplans erfüllt sind – 12,5 Millionen Euro Umsatz will man mit den Früchten im Glas machen – das versüßt das Jubiläumsjahr dann doch.

    Aprikosen, Kirschen, Hagebutten, Quitten – seit 125 Jahren spielen Früchtchen bei Maintal die Hauptrolle. Gut, nicht ganz seit 125 Jahren. Denn als der Haßfurter Josef Müller anno 1886 seine Firma gründete, handelte er erst einmal mit Vegetabilien, Tee, Kräutern, Dörrobst und Hiffenkernen. Dass ab 1889 dann Gelees und Marmeladen in den Emaillekesseln köchelten, ist einer Augenallergie zu verdanken. Der Staub, der beim Mahlen und Schneiden der getrockneten Kräuter entstand, setzte Josef Müller so zu, dass der Arzt dem Drogenhändler ein schweres Augenleiden vorhersagte. Der Haßfurter Kaufmann stieg notgedrungen auf Konserven um, begann Konfitüren und Säfte herzustellen, vertrieb ab 1900 auch goldklaren Apfelwein, der bald zum stärksten Verkaufsprodukt wurde.

    Am Markt durch Hagebutten

    Das stärkste Produkt heute? Hiffenmark. „Dadurch sind wir geworden, was wir sind“, sagt Maintal-Geschäftsführer Klaus Hammelbacher. Im Zweiten Weltkrieg belieferte die „Maintal-Obstindustrie“ U-Boot-Besatzungen mit der vitaminreichen Hagebuttenkonfitüre. 1978 und 1989 versorgte Bergsteiger Karl Maria Herrligkoffer bei seinen Expeditionen zum Mount Everest und Nanga Parbat seine Mannschaft mit Hiffenmark. Und heute stammt jedes zweite Glas Hagebuttenkonfitüre, das in Deutschland verkauft wird, aus den Kesseln der Haßfurter Marmeladenfabrik. „Ohne die Hagebutte“, sagt Biologe Klaus Hammelbacher, „wären wir vielleicht nicht mehr am Markt.“

    Im Kochraum umfängt den Firmenbesucher warm und süß die Luft. Es riecht nach Frucht, nach Säure, Klebrigkeit. In Bottichen steht dampfend flüssiges Pektin bereit, die Kochkessel saugen sich aus großen Säcken Rübenzucker herbei. „Das Herz der Firma“, sagt Hammelbacher und schnappt sich eine Probe vom frisch eingedickten roten Fruchtbrei. An Hiffenmark-Tagen werden von früh bis spät tiefgefrorene Vitamin-C-Bomben zerkleinert, gerüttelt, gemahlen und von Härchen und Kernen befreit. Dann geht es ab in die Kessel bei 60 Grad Celsius, auf dass „Franken-Nutella“ daraus werde.

    Anne Feulner, die Urenkelin des Firmengründers, und ihr Schwager Klaus Hammelbacher stehen seit 1999 an der Spitze des Unternehmens. Seitdem wächst das Geschäft mit der süßen Verführung. 600 verschiedene Artikel hat Maintal heute im Angebot. Über 1600 Tonnen Hagebutten, Kirschen, Erdbeeren, Orangen, Himbeeren, Sanddornbeeren kommen bei dem Familienunternehmen jedes Jahr in die Kessel. 100 000 Gläser Konfitüre, Gelee und Fruchtaufstrich aus 40 Sorten produziert Maintal am Tag.

    Flexibel mit kleinen Stückzahlen

    Damit nimmt die Haßfurter Marmeladenfabrik den Großen der Branche noch lange nicht die Marmelade vom Brot. Aber dass sich der 70-Mitarbeiter-Betrieb zwischen den Riesen Zentis und Schwartau gehalten hat, liegt nicht nur am Hiffenmark, das nach Urgroßvaters Rezept gekocht wird. „Wir können auch kleinere Stückzahlen machen, schnell auf Kundenwünsche reagieren“, sagt Anne Feulner. Die großen Konkurrenten lassen ihre Anlagen nur für große Mengen laufen, bei Maintal lässt man Zwetschgen oder Ananas schon mal für eine Sonderpalette kochen.

    Und die Marmeladenmacher füllen ihre Produkte nicht nur unter der Marke Maintal ab, inzwischen kommen 27 Prozent als Eigenmarken von tegut und anderen Handelsketten ins Supermarktregal. Außerdem ist da der Biobereich, der wächst. Die Anzahl der Bioartikel hat die Zahl der konventionellen Produkte überholt. Zum Gesamtumsatz von elf Millionen Euro trugen vergangenes Jahr die Biokonfitüren 35 Prozent bei, sagt die Firmenchefin. Der Umsatz mit den süßen Aufstrichen wuchs im Krisenjahr, das für Maintal keines war, weiter. Jetzt soll das Exportgeschäft forciert werden. Kürzlich habe man den ersten Container Biokonfitüre nach Malaysia geliefert, sagt Hammelbacher.

    Investitionen in Maschinen

    Die vierte Generation des Familienbetriebs hat in den vergangenen Jahres einiges investiert. In eine Etikettenmaschine beispielsweise, die 9800 Gläser in der Stunde beklebt. 2008 nahmen die Marmeladenmacher ein neues, computergesteuertes Hochregallager mit 800 Palettenstellplätzen für die Fertigware in Betrieb. Die Kartons mit den Gläsern müssen die Mitarbeiter nicht mehr mit Muskelkraft auf die Paletten heben. Den „unangenehmsten“ Job macht jetzt eine Maschine.

    Alles süß also im Jubiläumsjahr? Hagebuttenmarmelade ist ein Saisongeschäft, und so würde Klaus Hammelbacher das Maintaler Hiffenhörnchen gerne zum Exportschlager machen. Wieso Croissants immer mit Nugat oder Schokolade füllen? Doch Bäcker sind beharrlich, und so überlegt der Geschäftsführer noch, wie er mehr Konditoren überzeugen kann, „dass Hiffenmark nicht nur in den Faschingskrapfen gehört“. Und Anne Feulner macht sich Gedanken über die Hagebuttenversorgung. Zu Urgroßvaters Zeiten kamen die Hagebutten aus der Rhön, heute bezieht Maintal die 800 Tonnen, die jedes Jahr gebraucht werden, zu 95 Prozent aus Rumänien. Dort werden die wild wachsenden Früchte von Hand vom stacheligen Strauch gepflückt und zu Sammelstellen gebracht. Eine mühevolle Arbeit, die irgendwann vielleicht keiner mehr machen will.

    125 Jahre Maintal

    Anno 1886 gründete der Haßfurter Kaufmann Josef Müller einen „Großhandel für Vegetabilien und Landesprodukte“. Bald wurden Gelees und Marmeladen zum einträglichen Geschäft. Heute füllt die Maintal Konfitüren GmbH rund neun Millionen Gläser pro Jahr. Wie die Marmelade ins Glas kommt, können Besucher am Samstag, 7. Mai, selbst beobachten: Zum 125. Geburtstag lädt das Haßfurter Familienunternehmen zum Tag der offenen Tür. Von 10 bis 18 Uhr gibt es Betriebsführungen, außerdem den ganzen Tag über Kinderprogramm, Musik, Comedy-Einlagen von Dirk Denzer und um 22 Uhr eine Feuershow. Infos: www.maintal-konfitueren.de

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