Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten
Main-Post Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

FULDA/WÜRZBURG: Tegut will Tengelmann

FULDA/WÜRZBURG

Tegut will Tengelmann

    • |
    • |
    Geht Tegut einkaufen? Der Lebensmittelhändler würde gerne Richtung Süden expandieren.
    Geht Tegut einkaufen? Der Lebensmittelhändler würde gerne Richtung Süden expandieren. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Über ein Jahr lang beobachtet auch Thomas Gutberlet nun schon das Übernahme-Gezerre um Kaiser's Tengelmann. Im Sommer 2015 hatte Tegut Interesse an den bayerischen Filialen der Supermarktkette bekundet. Geradezu „fahrlässig“ sei es, die Möglichkeiten nicht auszuloten, meinte der Tegut-Chef vor einem Jahr. Zu attraktiv ist vor allem der Standort München, als dass das hessische Unternehmen nicht gerne mitverhandeln wollte beim Verkauf der Kaiser's Tengelmann-Filialen.

    Ein Jahr später haben die bundesweit rund 450 Kaiser's Tengelmann-Läden noch immer keinen neuen Besitzer, dem Marktbeherrscher und Tengelmann-Rivalen Edeka hat das Kartellamt die Großfusion untersagt, und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ist beim Gericht mit seiner Sondererlaubnis nicht durchgekommen. Er sei überrascht, wie lange sich die Übernahme hinzieht, sagt Thomas Gutberlet. Und: „Unsere Chancen sind wieder etwas größer.“

    Die bayerische Hauptstadt lockt das Fuldaer Unternehmen. Denn dort heute noch geeignete Ladenflächen zu finden, ist schwierig, Grundstücke und Mieten sind teuer. Die Kundschaft dagegen ist genussorientiert – und solvent. „München ist sehr spannend, ein umkämpfter, aber hochattraktiver Markt“, sagt der 46-jährige Tegut-Chef. Eine wachsende Bevölkerung, die dem guten Essen nicht abgeneigt ist, Wert auf gesunde Ernährung legt und Affinität für Bioprodukte hat – „Die Stadt würde zu uns passen. Wir glauben, dass wir da mit unserem Konzept und unserem Sortiment gut ankommen“, sagt Gutberlet, der mit seinen Märkten stark auf das Biosegment setzt.

    Der grüne Bio-Punkt durchzieht die Tegut-Läden, fast jedes vierte verkaufte Produkt, so wirbt der Vollsortimenter, ist ökologisch hergestellt worden.

    Die „Süddeutsche Zeitung“ spekuliert im Edeka-Tengelmann-Drama über Tegut jedenfalls schon mal als lachenden Dritten in München. Denn auch die Schweizer Handelsgruppe Migros, von der tegut 2013 übernommen worden war, hatte früh Interesse an Tengelmann-Standorten signalisiert. Jörg Blunschi, der Chef der Genossenschaft Migros Zürich, soll vor zwei Jahren schon dem Tengelmann-Besitzer Karl-Erivan Haub ein konkretes Kaufangebot für dessen Supermärkte in Bayern gemacht haben.

    Mit der Genossenschaft Migros Zürich im Rücken streckt sich der Mittelständler Tegut langsam in den Süden. „Vor allem in Stuttgart und Frankfurt sehen wir noch großes Potenzial“, sagt Gutberlet. Den Schritt nach Stuttgart hat Tegut in 2014 mit einem Supermarkt und einem Nahversorger, der kleineren Marktversion, gemacht. „Aber auch die Region Nürnberg/Erlangen ist für uns ein Thema.“ Tegut hatte Ende des vergangenen Jahres in Hessen, Thüringen und Nordbayern insgesamt 273 Märkte. Zehn kommen in diesem Jahr neu dazu.

    In München und Oberbayern die Tengelmann-Filialen zu übernehmen wäre ein gewaltiger Akt für die kleine Fuldaer Lebensmittelkette. Tengelmann betreibt in Bayern derzeit rund 190 Märkte, 130 davon in München und Oberbayern. Tengelmann-Chef Haub hat bislang allerdings immer abgelehnt, die Supermarktkette zu zerschlagen und die verbliebenen 430 Filialen in Teilen zu verkaufen. „Spekulationen sind unterhaltsam, aber nicht zielführend“, sagt Gutberlet. „Das Ganze bewegt sich auf der Ebene der Gerichte.“ Tegut würde schauen, was passiert – „und dann gegebenenfalls reagieren“.

    Der Fuldaer Lebensmittelhändler spricht von einem „David-Gefühl“ zwischen den Branchen-Goliaths. Edeka hat deutschlandweit (inklusive Netto) im vergangenen Jahr einen Bruttoumsatz von 53,28 Milliarden Euro, die Rewe-Gruppe 39,61 Milliarden Euro. Die Tengelmann rangiert nach den Discountern in der Liste der größten Lebensmittelhändlern bislang auf Rang 7 mit einem Bruttoumsatz von 7,7 Milliarden Euro in 2015.

    Der Netto-Umsatz von Tegut belief sich 2015 nach zwei Jahren mit schrumpfenden Umsätzen auf 980,9 Millionen Euro netto (aufgrund der Firmierung und Zugehörigkeit zur Migros Zürich weist Tegut seit 2013 nur den Netto-Umsatz aus).

    Marktanteil in der umkämpften Lebensmittelbranche? Ein Prozent. Ja, man habe als kleines Unternehmen im umkämpften Lebensmittelmarkt schon „die Sorge, erdrückt zu werden“, sagt Gutberlet. Andererseits: „Wir können antworten, weil wir wendig, schnell und ein bisschen anders sind.“

    Im Rhein-Main-Gebiet und rund um Frankfurt hat das Fuldaer Unternehmen in 2010 bereits 20 Märkte mit 475 Mitarbeitern von Tengelmann gekauft und umgewandelt. „Das ist schon sehr anstrengend“, sagt Gutberlet zu den Übernahmen. Ein Teil der Filialen habe man revitalisiert, ein paar geschlossen, weil sie zu klein waren. „Einige haben sich sehr schön weiterentwickelt.“

    Klappt es mit der Großexpansion im Süden auf einen Schlag nicht? Dann hat Tegut noch genug mit dem Umbau zu tun: Zehn neue Filialen der nach seinem Großvater Theodor Gutberlet benannte Handelskette will Thomas Gutberlet pro Jahr im Stammgebiet und rund um Stuttgart sowie in der Region Nürnberg-Erlangen eröffnen. Bis 2017, so die Aussage, wird man einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag in die Läden investieren.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden