Florian Ramackers ist Fahrschullehrer und Inhaber der Würzburger Fahrschule „Kwiotek-Witzke“. Der digitale Wandel in der Automobilbranche bringt auch Folgen für seinen Beruf als Fahrlehrer mit sich. Der Beruf, der vom Zwischenmenschlichen lebt, müsse sich wandeln, ist er sich sicher.
Fahrlehrer schätzt das Menschliche
„Ich bin in diese Schiene reingedrückt worden und per Zufall noch mit reingeflutscht“, bringt der gebürtige Würzburger seine Laufbahn auf den Punkt. Die begann mit 17 bei der Bundeswehr. „Irgendwann hatte ich aber keine Lust mehr im Wald zu liegen und Soldat zu spielen“, erzählt Ramackers.
Durch Zufall kam er dann zur Bundeswehr-Fahrschule, wo er den Beruf lieben lernte. 2014 war es dann soweit: Ramackers übernahm die Fahrschule Witzke. Nur drei Jahre später wurde mit der nächsten Übernahme daraus die Fahrschule Kwiotek-Witzke.
„Das Pädagogische ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit.“ Die Abwechslung im Job und seine Fahrschüler, das begeistert Ramackers für den Beruf: „Dieses Menschliche, das ist einfach der Hammer.“ Digitale Zeiten hin oder her.
Eigenschaften, die ein Computer nicht hat
Obwohl der Arbeitsmarkt nicht viel Nachwuchs bringt, achtet Ramackers sehr auf die Auswahl seiner Angestellten: „Ich möchte emotionale Fahrlehrer, die auf die Leute eingehen. Solche, die das Beste für den Fahrschüler wollen und auch herzlich sind.“ Einen guten Fahrlehrer zeichne vor allem das Einfühlvermögen aus. „Er muss die Schwächen schnell aufstöbern und genau dort ansetzen. In den Kopf des Fahrschülers kann ich zwar nicht reinschauen, aber ich erkenne Ängste am Verhalten.“ Eigenschaften, die eine Maschine oder ein Computer nicht mitbringe.
Fahrschule arbeitet mit Simulator
In der Fahrschule Kwiotek-Witzke steht dennoch ein Fahrsimulator. Ein bequemer Schalensitz, drei Pedale, ein Sportlenkrad mit Blinkhebel. Rechts ein Schaltknüppel, links Lichtdrehschalten, Zündung und elektronische Feststellbremse.
Was die Ausstattung angeht, steht der Simulator dem Fahrschulauto in nichts nach. Wo der Blick jedoch für gewöhnlich auf die Straße geht, schaut man hier auf drei Bildschirme. „Bremse, drück die Kupplung und starte den Motor“, bittet eine sanfte Männerstimme. Der Motor springt mit einem leisen Brummen an.
Was der Simulator kann
Die Fahrt geht los – durch die virtuelle Altstadt, links und rechts parkende Autos und pixelige Fachwerkhäuser. „Du fährst zu weit rechts – und wo war der Blinker?“, mahnt die Stimme. Eine Kamera über dem mittleren Bildschirm prüft den Schulterblick. „Vergiss das Hochschalten nicht!“, tönt die nächste Warnung.
Der Simulator war schon in der Fahrschule, als Ramackers sie 2017 übernahm. Zunächst wollte er ihn wieder abschaffen, inzwischen ist er froh über die digitale Unterstützung: „Wir haben Fahrlehrermangel ohne Ende. Der Simulator ersetzt mir zumindest teilweise einen Fahrlehrer für die ersten Fahrstunden. Wenn die Schüler dann ins richtige Auto steigen, sind sie schon viel weiter. Das merkt man ganz extrem.“
Fahrlehrer: Autonomes Fahren dauert noch
Dem autonomen Fahren steht der Fahrlehrer skeptischer gegenüber, sieht aber auch neue Möglichkeiten für seinen Beruf: „Der Mensch muss trotzdem wissen, wie er im Notfall eingreift. Dazu braucht es Schulungen und Prüfungen.“ Bis sich das autonome Fahren durchsetzt, werde es in Deutschland aber noch ewig dauern, ist sich Ramackers sicher.
Schüler können per App üben
Abgesehen von dem Simulator hilft ihm die Digitalisierung auch in anderer Hinsicht: Prüfungsfragen können die Schüler per App üben, die Auswertung kommt in die Cloud. Der Fahrlehrer erhält bei den fehleranfälligsten Fragen einen Hinweis – und kann maßgeschneidert auf die Probleme seiner Schützlinge eingehen. In der Drivers Cam App sehen seine Fahrschüler kritische Verkehrspunkte Würzburgs im Video. Dabei wird kommentiert, worauf etwa bei viel befahrenen Kreuzungen zu achten ist.
Unterschrift geht digital
Im Praxisunterricht geht das auch ohne App – ganz menschlich. Der schwarze Audi stoppt an einer Ampel. „Halten heißt?“ – „Schalten“, erwidert Marina und legt den ersten Gang ein. Ramackers nickt zufrieden. Dann geht es auf die B27 Richtung Veitshöchheim. „Immer schön auf die Anderen achten. Wir sind schließlich die Guten“, scherzt Ramackers. Seine Faust geht siegessicher nach oben, Marina lacht.
Nach wenigen Minuten hat sie es bis vor die eigene Haustür geschafft. Ramackers lobt ihre ruhige Fahrweise, spricht ihr Mut zu; und zückt sein Smartphone. Marina darf auf dem Display für die Fahrstunde unterschreiben. Auch das geht inzwischen digital: „Die Sprache der Jugend ist nun einmal digital. Also müssen wir uns mitverändern.“
Unsere Serie „Arbeitswelten der Zukunft“ zeigt anhand vieler Beispiele aus der Region, wie sich die Digitalisierung auf Berufe und Unternehmen ausgewirkt hat – oder noch auswirken wird. Nächste Folge: ZF in Schweinfurt.
Autonomes Fahren und Fahrschulen Wenn Autos von alleine fahren, also autonom, stellt sich die Frage: Muss man das Autofahren dann noch lernen? Wenn nicht: Werden Fahrschulen überflüssig? Davon geht man in der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände offenbar nicht aus. Denn bei ihrer Mitgliederversammlung vor zwei Jahren hieß es noch, dass die neuen Herausforderungen durch volldigitale Autos in die Fahrlehreraus- und -fortbildung integriert werden müsse. Von einem Aus des Berufs sprach man dort einer Mitteilung zufolge nicht. Der Interessenverband Moving will herausgefunden haben, dass hierzulande 32 Prozent der Fahrlehrer das autonome Fahren als Bedrohung für ihre Branche ansehen, 26 Prozent als Chance. Nach einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom vom April würden 74 Prozent der Menschen im Land zumindest zeitweise auf ein autonomes Fahrzeug umsteigen. aug