München Fast jedes dritte im Jahr 2004 in Deutschland verwendete Computerprogramm war eine Raubkopie. Dies hat der von renommierten Software-Herstellern getragene weltweite Verband BSA mit Hilfe einer Untersuchung des Marktforschungsinstitutes IDC herausgefunden.
"Damit ist allein in Deutschland ein Schaden von rund 1,84 Milliarden Euro entstanden", erklärte der deutsche BSA-Chef Georg Herrnleben gegenüber dieser Zeitung in München. Doch nicht nur wegen dieser Umsatzausfälle für die Hersteller sei die Software-Piraterie alles andere als ein Kavaliersdelikt: Eine Absenkung der Raubkopie-Quote um nur zehn Prozent könnte nach Schätzungen des Verbandes in Deutschland zu 40 000 neuen Jobs in der IT-Branche und zu zusätzlichen Steuereinnahmen von mehr als vier Milliarden Euro führen.
Zur Berechnung des Umsatzausfalls wurde der auf Basis der Hardware-Verkäufe notwendige Gesamtbedarf an Software mit den tatsächlich verkauften Software-Lizenzen verglichen. Im globalen Vergleich der Piraten-Quoten liegt Deutschland mit 29 Prozent zwar gar nicht so schlecht: So wird etwa in China oder der Ukraine mehr als 90 Prozent der verwendeten Software illegal kopiert. Und Griechenland sei mit einer Quote von 62 Prozent "fast schon traditionell Europameister" der Software-Piraten, scherzt Herrnleben.
Österreich ist Klassenprimus
Angesichts des großen Software-Marktes entstand in der Bundesrepublik der im internationalen Vergleich viertgrößte Schaden für die Hersteller. Weltweit wird der Umsatzausfall durch Raubkopien auf knapp 33 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Klassenprimus in Europa ist Österreich, das durch härtere Strafen und eine konsequente Verfolgung seine Raubkopie-Quote auf 25 Prozent gesenkt habe, lobt Herrnleben. Zwar sei die Polizei inzwischen auch in Deutschland "sehr aktiv" geworden. Bei der rechtlichen Verfolgung gebe es allerdings noch immer erhebliche Defizite, kritisierte BSA-Jurist Thomas Urek.
Keine effektive Abschreckung
So müssten zum Beispiel Unternehmen, die bewusst illegale Software einsetzen und dabei erwischt werden, nur den legalen Kaufpreis als Schadenersatz bezahlen. "Eine effektive Abschreckung sieht anders aus", findet Urek.
Den Software-Produzenten sei aber vor allem an einer Verfolgung des Raubkopie-Einsatzes in Unternehmen gelegen: "Niemand kann und will jeden kleinen Fall von Schulhof-Kriminalität verfolgen", so Urek. Zwar halte sich die Anzahl der Piraterie-Fälle im privaten und gewerblichen Bereich nach BSA-Schätzungen in etwa die Waage. Der Schaden für die Hersteller sei aber im gewerblichen Bereich deutlich höher. Leider fehle aber selbst in seriösen Unternehmen allzu oft die notwendige Sensibilität im Umgang mit den Software-Lizenzen - trotz möglicher Haftstrafen von bis zu drei Jahren. "Es reicht deshalb leider nicht, nur an den guten Willen zu appellieren", betont Urek.
Der Gesetzgeber sei gefordert, eine effektive zivil- und strafrechtliche Verfolgung von Software-Piraterie zu ermöglichen, fordert BSA-Chef Herrnleben: "Schließlich haben gerade in Deutschland neue Jobs fast immer auch mit Urheberrecht und geistigem Eigentum zu tun."