Medaillen werden derzeit nicht nur bei den Olympischen Spielen in Tokio verliehen, sondern auch demnächst bei den EuroSkills im österreichischen Graz. Bei dieser "Europameisterschaft der Handwerker" vom 22. bis 26. September treffen sich die erfolgreichsten jungen Handwerkerinnen und Handwerker Europas (bis 25 Jahre), um in ihrem Beruf einen Platz auf dem Siegertreppchen einzunehmen.
Wo in Schweinfurt die Vorbereitungen für EuroSkills laufen
Nicht irgendein Platz auf dem Treppchen, sondern die Goldmedaille soll es sein: Mit diesem ehrgeizigen Ziel bereiten sich zwei junge Top-Handwerker im SHK-Bundesleistungszentrum in Schweinfurt intensiv darauf vor, in Graz Deutschland zu vertreten und Europameister ihres Fachs zu werden. SHK, das steht für Spengler-, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.
Spengler Jonas Carstens (22) aus Rotenburg an der Wümme (Niedersachsen) hat seine Gesellenprüfung als bayerischer Landessieger abgeschlossen, da er unweit von Passau seine Ausbildung machte. Anlagenmechaniker (Sanitär und Heizung) Simon Dorndorf (22) aus Eschenburg im Lahn-Dill-Kreis ist hessischer Landessieger. Beide holten auch im Bundesvergleich vordere Plätze und entschieden die Wettbewerbe für die Teilnahme an den EuroSkills für sich.
Training wie ein Hochleistungssportler
Die EuroSkills sind ein Wettbewerb vor zigtausend Zuschauern, bei dem es nicht genügen wird, sehr gut zu sein. Vielmehr man muss sich wie ein Spitzensportler darauf vorbereiten. "Liebe und Herzblut zum Beruf", hofft Spengler Jonas Carstens, werden den Unterschied machen.
Ehrgeiz reicht nicht, so die Meinung von Josef Bock, Leiter des SHK-Bundesleistungszentrums in Schweinfurt und Bundestrainer der Spengler. Sechs Wochen bereitet er seinen Schützling auf das vor, was ihn in Graz erwartet.
Was auf ihn zukommt, weiß Jonas Carstens in etwa. Es wird darum gehen, ein Dach und eine Turmspitze passgenau mit Aluminiumblech zu verkleiden (Tafeldeckung). Allerdings werden zu etwa einem Drittel Variationen in die Prüfung eingebaut. Vor "Überraschungen und neuen Herausforderungen sind die Finalisten keineswegs sicher", so Josef Bock.
Da reicht es nicht, das am Ende alles dicht ist, sondern jeder Schnitt, jede Quetschfalte, jede Falz, muss sauber und genau sein. Ein Kratzer im Blech könnte das Ende der Medaillenhoffnung bedeuten. Und um, wie im Sport, Fehler zu minimieren und Fertigkeiten zu optimieren, braucht es Training.
Ähnlich ergeht es Simon Dorndorf, der von André Schnabel, Bundestrainer für die Anlagenmechaniker, betreut wird. Dorndorf verlegt in seinem Training Gas-, Heizungs- und Wasserleitungen in Dauerschleife. Auch bei ihm ist "sauber und dicht" nicht genug. Jede Verbindung wird genauestens unter die Lupe genommen und mit der Wasserwaage geprüft.
Am 19. Juli, als klar war, dass die EuroSkills heuer stattfinden können, begannen die beiden jungen Männer mit dem Training. Am Ende werden es sechs Wochen intensiver Vorbereitung sein. Dann schlägt die Stunde der Wahrheit.
Coronabedingt in abgespeckter Form treten in Graz die besten Handwerker unterschiedlicher Berufe aus sieben europäischen Ländern gegeneinander an. Um sich auf die europäische Kulisse vorzubereiten, werden die beiden deutschen Teilnehmer, die derzeit in Schweinfurt trainieren, Anfang August auch an einem internationalen Trainingscamp in der Schweiz teilnehmen.
"Damit aufgewachsen, reingewachsen und die Liebe zum Beruf gefunden": In der Motivation für ihren Job sind sich Spengler Jonas Carstens und Anlagenmechaniker Simon Dorndorf einig. Beide treten beruflich in die Fußstapfen ihrer Väter und sind nun hungrig, auf europäischer Bühne vorne mitzumischen.
"Es sind Nuancen, die über den Sieg entscheiden", ist sich Bundestrainer Josef Bock sicher. Kleine Unterschiede, die nicht nur durch Geschicklichkeit, sondern auch durch psychische Vorbereitung erarbeitet werden. Drei Tage und jeweils sechs Stunden lang müssen Dorndorf und Carstens zeigen, was sie können. "Wir trainieren nicht für Silber oder Bronze, wir haben starke Konkurrenz, aber wir wollen sie schlagen", gibt sich Bundestrainer Bock zuversichtlich, dass das Edelmetall, das die jungen Männer in Graz hoffentlich holen, besonders hell glänzen wird.