Als vor kurzen bekannt wurde, dass sich das Planfeststellungsverfahren für die Linie 6 zum Hubland erneut verzögern würde, waren die Kritiker schnell auf den Plan gerufen. Was viele dabei vergaßen, auch die Linie 5 zum Heuchelhof, brauchte ihre Zeit. Bereits zu Beginn der Erschließung des neuen Stadtteiles Ende der 1960er Jahre nämlich war beim Bau der Heuchelhofstraße eine zukünftige Anbindung per Straßenbahn berücksichtigt und der Mittelstreifen freigehalten worden. Aber erst über 20 Jahre später, am 30. November 1989 fuhr der erste planmäßige Zug den Heuchelhofberg hinauf. Das ist genau 30 Jahre her. Der Weg dorthin, war ein langer, und oft war er auch steinig.

Die ersten Stimmen, die "endlich" den Baubeginn der Strecke forderten, wurden laut Archiv dieser Redaktion bei einer Bürgerversammlung in Heidingsfeld im April 1973 laut. Die Linie 5, so die Idee damals, sollte eine eigene Streckenführung über die Lehmgrubensiedlung und die Herieden zum Heuchelhof bekommen. Gleichzeitig dachte man über eine Verlegung der Linie 3 nach Heidingsfeld an den Wiesenweg oder direkt an das Mainufer nach. Damals war ja weder die Mergentheimer Straße bereits ausgebaut, noch gab es den heutigen Zubringer zur Autobahn. Die Bundestraße 19 kletterte noch die Giebelstädter Steige hoch. Allerdings fanden diese Ideen bei der WVV und dem Wasserwirtschaftsamt keine Freunde und versanken schnell wieder in der Versenkung.
So beschloss der Stadtrat im Juni desselben Jahres schließlich neben der endgültigen Linienführung der Linie 1 in Grombühl - mit möglicher Verlängerung in die Lindleinsmühle - auch die Linie 5 an den Heuchelhof, bereits auf der heutigen Strecke. Bis zur Reuterstraße im Städtle sollten die Linien gleich geführt werden, dort trennten sich die Linien 3 und 5. Die Linie 3 zog weiter ihre Schleife durch Heidingsfeld bis zum Ostbahnhof, mit Option auf eine Verlängerung bis ins Industriegebiet an der Winterhäuser Straße. Die Heuchelhof-Route mit der Nummer 5 sollte durch die Reuterstraße führen, auch wenn dafür drei Häuser und mehrere Garagen fallen mussten. Der damalige WVV-Direktor Franz Gerstner nannte es etwas salopp eine "Bereinigung der Bebauung".
"Es ist ein ganz tolles Erlebnis, einen solch steilen Berg mit einer solchen Geschwindigkeit zu nehmen."
Paul Lehmann - damals Straba-Planungschef, heute WSB-Betriebsleiter
Buchstäblicher Hemmschuh der Entwicklung war damals das Bundesverkehrsministerium in Bonn. Dort sah man den Bus als das Verkehrsmittel der Zukunft an und zierte sich bei Finanzierungszusagen für eine Schienenlösung. Doch im Februar 1980 kam dann doch noch die Zustimmung von ganz oben. Parallel war bei der Stadt auch an den Plänen für eine Verlängerung der Linie 1 über die Lindleinsmühle und Versbach nach Lengfeld gearbeitet worden.

Dass die Heuchelhöfer nun die Nase vorne hatten, hatten sie der Tatsache zu verdanken, dass die Stadt mit ihrem Angebot die Linie 1 zu verlängern, bei den Versbachern, Lengfeldern und den Nachbarn von der Lindleinsmühle keinen Blumentopf hatte gewinnen können. "Da sind wir ziemlich auf den Bauch gefallen", kommentierte der damalige SPD-Oberbürgermeister Klaus Zeitler die Entwicklung. Er beklagte, die dortigen Bürgerinitiativen hätten sich im Gegensatz zu den Heuchelhöfern nicht gerade sehr aufgeschlossen gezeigt.
Das Problem dort: Bürger und Verwaltung konnten sich bis zur Einstellung der Planungen Anfang der 1990er Jahre nicht auf eine für beide Seiten befriedigende Trassenführung einigen. In der Lindleinsmühle formierte sich gar eine Bürgerinitiative gegen eine Schienenanbindung des Würzburger Nordens. Man wollte lieber Busse statt die Bahn. Noch 1989 schrieb der Berichterstatter von einem "strammen Gegenwind aus der Bevölkerung der beiden Stadtteile" gegen die geplante Trassenführung, die Lengfelder wollten sie nicht im Kürnachtal, zudem sollten in der Versbacher Straße Häuser dafür fallen.
"Will man uns überrumpeln?", fragten die Heidingsfelder plötzlich
Für die Heuchelhofstrecke hingegen kam bereits im Februar 1980 parallel zur Zustimmung auch die Zusage für eine erste Finanzierungsrate aus Bonn. Noch aber mussten Grundstücksgespräche über den Bau des neuen "Umsteigebahnhofs" in der Reuterstraße geführt werden. Und plötzlich wachten die Heidingsfelder auf: "Will man uns überrumpeln?", fragten sie. Denn von den Straba-Plänen zum Heuchelhof habe man bislang nur aus der Zeitung gehört.

Auch Pfarrer und Kirchenvorstand von St. Paul machten mobil. Wenn die Straßenbahn durch die Reuterstraße fahre und so das Kirchenzentrum von "Verkehrsadern eingekreist sei", werde man ausziehen, kündigten sie an, und zwar samt Pfarrrhaus, Kirche und Gemeindezentrum. In Kirchenkreisen hielt man Oberleitungsbusse für die bessere Wahl. Dessen ungeachtet wurde im Herbst 1980 mit dem Planfeststellungsverfahren begonnen.
Doch dann Anfang 1981 stand wieder ein Prellbock der Bahn im Weg. Die Regierung monierte in den Unterlagen der Planfeststellung fehlende Erläuterungen der Stadt, wie sie ihren Eigenanteil bezahlen wolle. Und ohne Eigenmittel keine Zuschüsse aus Bonn und München. Nach zähen Verhandlungen konnte es im Februar 1982 weitergehen mit der Planfeststellung der Strecke von Heidingsfeld zum Heuchelhof. Denn nach ihrem Abschluss blieben der Stadt nun sieben Jahre Zeit, die Finanzen zu klären und mit dem Bau der Linie zu beginnen. Parallel stritt man sich im Rathaus plötzlich, ob es wirklich sinnvoll sei, die bislang einspurige Schienenführung entlang der Mergentheimer Straße auf Kosten einiger Bäume auf zwei Spuren zu erweitern oder doch besser den Strabaverkehr durch die Sanderau zu führen und dort in Höhe der Adenauerbrücke mit einer weiteren Straßenbahnbrücke den Main zu queren. Im Juli 1984 fiel im Planungsausschuss der Beschluss pro Mergentheimer Straße.
Noch stand die endgültige Verwirklichung der Strecke aber auf wackeligen Beinen
Noch stand die endgültige Verwirklichung der Strecke aber auf wackeligen Beinen. Doch im Juli 1985 fiel der Grundsatzbeschluss bei WVV und WSB: Die Linie 5 wird gebaut, und zwar jetzt! Koste es was es wolle.

Zwei Jahre später war das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen, nicht ohne Einsprüche von Anliegern der Reuterstraße. Anwälte kamen zum Zug, aber man konnte sich dann doch einigen. Im August 1987 wurden die Arbeiten ausgeschrieben, im Oktober rollte der erste Bagger. Im Sommer 1989 fielen buchstäblich in letzter Minute die Häuser in der Reuterstraße, im September wurden die ersten "Testläufe" am Heuchelhofberg gefahren. Mit einer Steigung um neun Prozent direkt unterhalb der Autobahn zählt die Strecke zu einer der steilsten Straßenbahnstrecken in Deutschland. Dennoch: Mit 70 Stundenkilometern "rasten" nun die 42 Tonnen schweren Züge bergauf, wie es in der Zeitung hieß. "Es ist ein ganz tolles Erlebnis, einen solch steilen Berg mit einer solchen Geschwindigkeit zu nehmen", so der damalige Leiter der Straba-Planungsabteilung der WVV, Paul Lehmann. Heute ist er Straßenbahn-Betriebsleiter.
Zunächst führte die Strecke zu einer Wendeschleife am ebenfalls neuen Straßenbahndepot am Heuchelhof, die heutige Wendeschleife zur Anbindung des Areals rund um den Prager und den Athener Ring musste noch gebaut werden. Auch die Anbindung nach Rottenbauer hatte man bereits im Blick, die wurde dann 1997 eröffnet.