Das Foyer des Kulturspeichers musste nachbestuhlt werden, um all die Gäste zu fassen, die Heijo Hangens Ehrung miterleben wollten. Der 84-jährige Koblenzer Maler erhielt den 15 000 Euro schweren „Peter-C.-Ruppert-Preis für Konkrete Kunst in Europa“ und ließ seinen Stuhl dennoch frei. Weil seine Frau akut schwer erkrankt war, sagte er seine Teilnahme kurzfristig ab.
Der Namensgeber der zum zweiten Mal verliehenen Auszeichnung stiftete seine Kunstsammlung für den städtischen Kulturspeicher. Darin bilden die Gemälde Heijo Hangens eine große Ausnahme: Sonst begnügt sich Peter C. Ruppert mit sehr wenigen Bild pro Künstler, um einen Überblick über diese ebenso abstrakte wie verspielte Kunstrichtung zusammenzutragen. Hangens hängen indes mehrere in der Galerie. Das ist auch sinnvoll, denn der Ausgezeichnete konstruiert quadratische Module, die sich endlos miteinander kombinieren lassen. Immer setzt sich die innere Struktur quer über die Leinwände fort. Und wenn Heijo Hangen seine Grundform mal geändert hat, dann so, dass sie weiterhin zu den Vorgaben seines bisherigen Lebenswerks passt. Sein Freund, der Bildhauer Eberhard Viebig, umschrieb das Prinzip bei der Würzburger Feierstunde am Donnerstagabend als „Quadratur von Yin und Yang“.
In den 1960er Jahren experimentierten viele Künstler mit „Rasterteilungen innerhalb eines Quadrats“, aber Hangen habe dabei eine Form gefunden, die besonders viel Freiheit ermöglicht. So lautete die Kernaussage der Lautatio des Kunsthistorikers Peter Riese, der ansonsten ausgiebig mit philosophischen Begriffen jonglierte und dabei vielerlei derart abstrakt formulierte, dass sich die geduldige Zuhörerschaft schlicht alles darunter vorstellen konnte.
Fassbarkeit hingegen brachte Museumsdirektorin Marlene Lauter in die Festansprachen, als sie von ihrer ersten Begegnung mit Heijo Hangen vor 15 Jahren erzählte. Man besprach das Konzept einer Ausstellung, die nacheinander in höchst verschiedenen Museumssälen in Ludwigshafen und Würzburg stattfinden sollte. Der Künstler versprach, beide Schauen im Modell zu entwerfen: „Sie müssen sich um nichts mehr kümmern.“ Äußerst skeptisch reiste die Galerieleiterin zurück an den Main, wohl wissend, dass Planungen beim Umsetzen in die Wirklichkeit meist erheblich angepasst werden müssen. Hangens Vorstellungen gingen hingegen vollkommen auf. Seine „vollständige geistige Durchdringung überlässt nichts dem Zufall“, fasste Lauter das Gestaltungsprinzip seiner Kunst zusammen. Während sich Hangen in seinen Form-Modulen selbst enge Gestaltungsgrenzen setzt, lebe er sich subjektiv „in der subtilsten Handhabung der Farben aus“, gab Marlene Lauter einen weiteren Hinweis zum Betrachten der Hangen-Werke in ihrem Haus.
Neben ihr und Peter C. Ruppert war Würzburgs Kulturreferent Muchtar Al Ghusain der dritte Juror und sprach von einem „sehr guten Einvernehmen“ bei der Wahl Heijo Hangens. Die symbolische Übergabe des Preises oblag OB Georg Rosenthal, bevor die Gäste eine neu gestaltete Hangen-Wand in Saal neun des Kulturspeichers besuchen konnten.