Vor einer Woche wählten die Stadträte Achim Könneke zum neuen Kultur-, Schul- und Sportreferenten – eine Wahl, die nicht nur ein Zweikampf zwischen dem Freiburger Kulturamtsleiter Könneke und Judith Jörg war, sondern just wegen der Kandidatur der CSU-Stadträtin auch ein Politikum. Und die nachwirkt.
„Ein fahler Beigeschmack bleibt“, stellte CSU-Fraktionschefin Christine Bötsch in einer Pressemitteilung zum Wahlausgang fest, bei dem Jörg mit 23 zu 27 Stimmen verlor. „Wäre Judith Jörg ein Mann und kein Mitglied der CSU, wäre es vermutlich zu ihren Gunsten ausgegangen“, behauptet Bötsch – und teilt kräftig aus: „Aus dem linkspolitischen Lager“ seien „in der teils unsachlichen Debatte“ Werte wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichberechtigte Teilhabe von Mann und Frau oder auch das Thema Wiedereinstieg in den Beruf nach Erziehungszeiten „mit Füßen getreten“ worden.
„Darstellung völlig neben der Sache“
Harte Kritik, die die Adressaten aus dem „linkspolitischen Lager“ vehement zurückweisen. Auf Anfrage der Redaktion antworten der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion Hans Werner Loew und Stadtrat Sebastian Roth (Die Linke), die sich beide schon im Vorfeld der Wahl zum Bewerberverfahren und zu den Auswahlkriterien kritisch geäußert hatten.
Die Darstellung von CSU-Fraktionschefin Bötsch liege „völlig neben der Sache“ und solle der unterlegenen Bewerberin „nachträglich gleichsam das Mäntelchen eines Opfers ,linkspolitischer' Machenschaften umhängen“, schreibt Loew in seiner Stellungnahme. Es amüsiere ihn, wenn die 17-köpfige CSU-Fraktion ein „linkes Lager“ im Stadtrat in der Stärke von 27 Stimmen ausmache. Die Nein-Stimmen seien auch aus dem „bürgerlichen Lager“ gekommen – und sogar aus den CSU-Reihen. Letzteres betont auch Linken-Stadtrat Roth, der darauf verweist, das Jörg im ersten Wahlgang nur 15 Stimmen bekam.
„Es ging allein um die Qualifikation“
Loew und Roth halten es zudem für unangebracht, just dem „linken Lager“ Missachtung der Themen Gleichberechtigung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Wiedereinstieg in den Beruf vorzuwerfen. Das seien „nun wahrlich linke Kernthemen, die auch heute noch in zähem politischen Ringen gegen die Konservativen, insbesondere die CSU“ durchgesetzt werden müssten, schreibt Loew.
In diesem Zusammenhang betonen Loew und Roth, dass es bei der Wahl einzig und allein um die Sachfrage – nämlich die Qualifikation der Bewerber ging. Roth: „Das Bewerberfeld um den Posten war so hochkarätig, dass hier eine klare Entscheidung aufgrund der beruflichen Qualifikation getroffen werden konnte. Zahlreiche Personen waren sehr für dieses Amt geeignet und einige, besonders aufgrund ihres Werdegangs, weniger. Zu diesem zweiten Feld wurde Frau Jörg wohl mehrheitlich gezählt.“
„Voraussetzungen nicht erfüllt“
SPD-Mann Loew schlägt in die gleiche Kerbe: In der Stellenausschreibung seien ein „Hochschulabschluss im Bereich Kulturmanagement oder Erfahrungen im Leitungsbereich eines Gymnasiums oder einer Berufsschule" verlangt worden sowie vor allem „hervorragende, praxiserprobte Führungserfahrung“. Nach dem Urteil der Stadtratsmehrheit habe die Bewerbung der Kollegin Jörg – im Gegensatz zur Bewerbung von Achim Könneke – diese Voraussetzungen nicht erfüllt.
„Nicht immer, wenn eine Bewerberin aus den Reihen der CSU nicht zum Zuge kommt, ist dies ein Ergebnis finsterer links einschlägiger politischer Machenschaften“, erklärt Loew und widerspricht dem CSU-Vorwurf einer unsachlichen Debatte. Weder im Personalausschuss noch im Stadtrat habe man zur Person debattiert. Die öffentliche Diskussion im Vorfeld der Wahl, an der er sich beteiligte, habe allein darauf gezielt, dass bei der Vorauswahl aus den 45 Bewerbungen einige aussortiert wurden, die der Bewerbung von Jörg „mindestens gleichwertig“ gewesen seien.
„Kein Opfer linkspolitischer Klüngeleien“
Fazit des von der CSU-Chefin gescholtenen „linken Lagers“: Judith Jörg habe mit ihrem kommunal- und parteipolitischen Engagement eben nur eine Minderheit im Stadtrat überzeugen können, sagt Die Linke-Vertreter Roth. Dies gelte es zu akzeptieren – „und nicht emotionalisiert und damit sehr platt zurückzutreten“.
Auch für SPD-Vertreter Loew ist der Fall klar: „Frau Jörg ist kein Opfer linkspolitischer Klüngeleien, sie ist einfach besseren Bewerbungen unterlegen.“